Spürbare Vorfreude lag in der Luft des Palexpo, als das leidenschaftliche und fachkundige Publikum beim CHI Genf der 22. Ausgabe des prestigeträchtigen Rolex IJRC Top 10 Finales entgegenfieberte. In der innovativen und weltweit angesehenen Prüfung, die oft mit dem Nitto ATP Finale im Tennis verglichen wird, traten die aktuellen Top 10 der Weltrangliste über zwei Runden gegeneinander an, um zum Champion der Champions gekrönt zu werden.
Es war wirklich ein sehr internationales Starterfeld, da die zehn Reiter aus acht verschiedenen Nationen stammen. Unter diesen Spitzenathleten befanden sich der letztjährige Gewinner dieser Prüfung und Weltranglistenerste, Henrik von Eckermann, der amtierende Anwärter auf den Rolex Grand Slam of Show Jumping, Martin Fuchs, sowie der Olympiasieger im Einzel, Ben Maher. Vor dem Wettkampf kam das Publikum in den Genuss der traditionellen Reiterparade, die die Aufregung und sensationelle Atmosphäre in der Hauptarena noch weiter schürte.
Da beide Runden gewertet und die Fehler addiert wurden, standen die Reiter von dem Augenblick an, in dem sie in den Parcours einritten, unter großem Druck. In der Eröffnungsrunde traten die Reiter in umgekehrter Reihenfolge der Rangliste an, sodass der Ire Shane Sweetnam, ein Newcomer in dieser Prüfung, es als Erster mit dem 1,60-Meter-Parcours aufnahm. Sweetnam gelang eine perfekte Runde, womit er die Richtzeit für die neun noch übrigen Reiter vorgab. Die nächsten Reiter bemühten sich vergebens, diese Vorlage zu toppen und selbst Favoriten wie Simon Delestre, Harrie Smolders und Max Kümussten Fehler hinnehmen – Delestre acht und Smolders sowie Kühner sogar je zwölf. Julien Epaillard gelang es mit einer für ihn typischen schnellen Runde mit nur einem Abwurf, sich im Rennen zu halten.
Nach ihm erwachte das Palexpo jedoch richtig zum Leben, als dem Schweizer Steve Guerdat mit Venard de Cerisy die zweite fehlerfreie Runde der Prüfung gelang – ein Ergebnis, das ihm seine Rolex-Markenbotschafterkollegen, Martin Fuchs und Kent Farrington, leider nicht nachmachen konnten. Ein weiterer Favorit, Ben Maher, scheiterte ebenfalls an dem Parcours, wohingegen der letzte Starter der ersten Runde, Henrik von Eckermann, sein ganzes Talent unter Beweis stellte, um seine Hoffnungen auf einen zweiten Folgesieg am Leben zu erhalten.
Nach dem Umbau des Parcours traten die Reiter in umgekehrter Reihenfolge aus der ersten Hälfte der Prüfung erneut an. Max Kühner absolvierte zum Auftakt eine fehlerfreie Runde, ebenso wie die vier folgenden Reiter, doch aufgrund der aus der ersten Runde übernommenen Fehler blieb ihnen ein Platz an der Spitze verwehrt. Kent Farrington gelang mit Greya nach den vier Punkten aus der ersten Runde ein fehlerfreier Ritt, während Julien Epaillard, oft als schnellster Reiter der Welt bezeichnet und der einzige andere Starter mit vier Fehlerpunkten, als Erster erneut Fehlerpunkte in diesem verkürzten Parcours hinnehmen musste.
Nun lagen aller Augen auf den letzten Drei, die mit null Fehlern aus der ersten Runde in die Arena einritten. Der erste der drei Fehlerfreien, Guerdat, hatte Glück bei der Doppelkombination, beendete die Runde jedoch fehlerfrei in einer Zeit von 48,13 Sekunden. Henrik von Eckermann startete als Nächster, doch das Glück war dem Weltmeister offenbar nicht hold, denn er ritt zu nah an Hindernis Nummer 13 heran und holte sich damit vier Fehlerpunkte. Der Einzige, der nun noch zwischen dem Heimfavoriten und seinem Sieg stand, war der Neuling Sweetnam, der sich allerdings zwei Abwürfe leistete. So konnte der Schweizer Reiter die Prüfung zum dritten Mal für sich entscheiden.
Seinen Sieg kommentierte Guerdat wie folgt: „Ich bin so aufgeregt. Es ist unfassbar, dass ich diese unglaubliche Prüfung zum dritten Mal gewonnen habe! Es ist wirklich ganz unbeschreiblich. Ich habe schon so viele Erfolge bei dieser fantastischen Veranstaltung gefeiert – aber ich werde immer wieder aufs Neue überrascht! Das Publikum war fantastisch und die Atmosphäre beim CHI Genf ist ganz außergewöhnlich. Dieser Augenblick bedeutet mir unglaublich viel.“
Der Schweizer Reiter fügte noch hinzu: „Venard war unglaublich. Er ist ein so tolles Pferd und ich bin so stolz auf ihn. Dieser Sieg wäre nicht möglich gewesen ohne mein Team – diese Menschen haben den Sieg ebenso sehr verdient wie ich!“