Mittendrin im CSIO Spruce Meadows 'Masters' 2023: Donnerstag, 7. September

VOGEL UNANTASTBAR IM CANA CUP

(Photo : Rolex Grand Slam / Ashley Neuhof) (Photo : Rolex Grand Slam / Ashley Neuhof)

Am zweiten Tag des CSIO Spruce Meadows ‚Masters‘-Turnier 2023 nahmen es 42 der weltbesten Pferd- und Reiterpaare mit dem atemberaubenden Parcours von Leopoldo Palacios auf in der Hoffnung, sich einen Platz in der Spitzenprüfung der Veranstaltung zu sichern, dem CPKC ‚International‘ Grand Prix, presented by Rolex. 

 

Die legendäre International Arena, in der dieser Sport schon zahlreiche historische Momente wie Scott Brashs unglaublichen Sieg des Rolex Grand Slam of Show Jumping im Jahr 2015 feiern durfte, erstrahlte im wunderschönen Licht der Spätsommersonne. Als Erstes betrat den Ring der Ire Conor Swail, der diese Prüfung im vergangenen Jahr gewonnen hatte und auch diesmal mit einer perfekten, fehlerfreien Runde die Richtzeit für die restlichen Reiter festlegte. Nur fünf Pferde später stellte der frisch gekrönte FEI Europameister und Rolex-Markenbotschafter Steve Guerdat sicher, dass es ein Stechen geben würde, indem er den technischen Parcours auf dem imposanten Wallach Albführen’s Maddox mit links meisterte. 

 

Das Weltklasse-Starterfeld beeindruckte das fachkundige kanadische Publikum mit insgesamt 15 Reitern, die den aus 12 Hindernissen bestehenden 1,55-m-Parcours fehlerfrei absolvierten. Auf der Liste der Elitereiter standen unter anderem der Sieger des ATCO Cups, der zuvor an diesem Tag stattgefunden hatte, Martin Fuchs, sowie der Brite Matthew Sampson, der hier schon wiederholt gewonnen hatte. Das Publikum freute sich besonders, als die kanadischen Reiter Mario Deslauriers und Erynn Ballard die erste Runde ohne Fehler zurücklegten.

 

Drei Paare entschieden sich dafür, nicht am Stechen teilzunehmen, sodass 12 Paare in die zweite Runde einzogen. Bei gleicher Startreihenfolge wie in der ersten Runde gelang es dem zweiten Starter, dem Schweizer Steve Guerdat, sich mit einer Zeit von 44,27 Sekunden als Erster den zweiten fehlerfreien Durchlauf zu sichern und die Messlatte für die folgenden Reiter ziemlich hoch zu legen. Doch der vierte Starter, Richard Vogel mit seinem weit ausgreifenden Hengst, United Touch S, unterbot Guerdats Führung mit einer Zeit von 43,07 Sekunden. Jetzt war der Druck auf die restlichen Teilnehmer groß, denn sie mussten die Zeit des jungen deutschen Reiters unterbieten. Der Amerikanerin Natalie Dean gelang es um ein Haar, Vogel den Titel abzuringen, sie ritt aber schließlich mit einer Zeit von 43,63 Sekunden ins Ziel ein und landete damit auf dem zweiten Platz. 

 

Auf die Frage zu seinem Sieg sagte Vogel: „Ich fühle mich fantastisch! Mein Pferd ist einfach unglaublich gut gesprungen – ich glaube, er mag die Arena hier sehr. Er ist in der ersten Runde überragend gesprungen und hat mir im Stechen ein sehr gutes Gefühl vermittelt. Die Größe der Arena hier gefällt ihm sehr gut, er hat so viel Sprungkraft und einen so raumgreifenden Schritt, dass ich Schritte weglassen kann, ohne ihn hetzen zu müssen. Wir haben unser Bestes gegeben und es hat zum Glück für den Sieg gereicht.“

 

Die Frage nach seinem Plan für den CPKC ‚International‘ Grand Prix, presented by Rolex, kommentierte Vogel wie folgt: „Ich hatte vor, ihn in der Prüfung morgen antreten zu lassen, um ihn an den Platz zu gewöhnen, weil er zum ersten Mal in Spruce Meadows ist. Die Arena hier ist so einzigartig – man bekommt nicht sehr oft Gelegenheit, in so einer Arena zu reiten! Aber er war so souverän und ist so gut gesprungen, dass ich jetzt entscheiden muss, ob ich ihm bis Sonntag Ruhe gönne oder ob ich an meinem ursprünglichen Plan festhalte.“

INTERVIEW MIT LINDA SOUTHERN-HEATHCOTT

(Photo: Rolex Grand Slam / Ashley Neuhof) (Photo: Rolex Grand Slam / Ashley Neuhof)

Wie lief die Planung für die diesjährige Veranstaltung?

 

Die Planung für das CSIO Spruce Meadows ‚Masters‘-Turnier lief ausgesprochen gut. Wir hatten uns mehrere sehr wichtige Projekte vorgenommen, die jetzt alle abgeschlossen sind. Der Veranstaltungsort sieht wunderschön aus und wir sind bereit, die Welt bei uns zu empfangen.

 

Gibt es in diesem Jahr etwas Neues beim CSIO Spruce Meadows ‚Masters‘-Turnier? Werden Sie das zehnjährige Bestehen des Rolex Grand Slam of Show Jumping mit etwas Besonderem feiern?

 

Wir haben eine neue Bestuhlung für unsere Gäste und neue Sitzplätze an der Ostseite. Derzeit bauen wir ein Restaurant, das allerdings nicht vor 2025 fertiggestellt sein wird. Wir haben die westliche Haupttribüne mit neuen Tischen und Sitzplätzen versehen, den Boden überarbeitet und dem Aufwärmring für die internationalen Pferde einen neuen Boden verpasst. Außerdem haben wir einen neuen Tunnel und wir haben ein Drainagesystem in den Boden im Aufwärmring eingebaut. Es ist vieles geschehen und es hat sich viel verändert!

Das Hauptgeschäft von Spruce Meadows sind die Pferde und unsere Springreitveranstaltungen, aber unsere Veranstaltungsorte sind auf Vielseitigkeit ausgelegt. Wir richten Business-Events sowie Geschäftsratstreffen, Führungen und einen großen Weihnachtsmarkt aus. Unser internationaler Weihnachtsmarkt ist der viertbeliebteste weltweit. Es gibt hier Hallenturniere sowie im Sommer eine große Hundeausstellung mit 3.000 Hunden. Zu Weihnachten haben wir eine wunderschöne Drive-Through-Lichtshow, bei der man über die Anlage fahren und die herrliche Weihnachtsbeleuchtung genießen kann.

Beim CSIO Spruce Meadows ‚Masters‘-Turnier werden wir am Sonntag die Pferde und den Rolex Grand Slam of Show Jumping ehren und gleichzeitig das CPKC ‚International‘, presented by Rolex, einläuten.

 

Der Rolex Grand Slam of Show Jumping feiert sein zehnjähriges Bestehen. Welche positiven Auswirkungen hatte die Initiative auf die Veranstaltung in Spruce Meadows?

 

Der Rolex Grand Slam of Show Jumping hat uns enorm beeinflusst, einerseits durch die Zusammenarbeit mit einem so wunderbaren Partner wie Rolex, aber auch durch die Zusammenarbeit mit anderen Veranstaltungsorten. Er hat uns angespornt, uns fortwährend zu verbessern und neue Chancen zu schaffen. Als Organisatoren der vier Majors ziehen wir alle am selben Strang, was die Sicherheitsprotokolle sowie den Umgang mit den Pferden und ihr Wohlergehen angeht. Wir haben alle ein ESG-Programm und erstellen ESG-Berichte. Insgesamt, finde ich, waren wir schon vorher führend in diesem Bereich, aber durch die Partnerschaft sind wir jetzt noch stärker, weil wir alle zusammenarbeiten.

 

Was war Ihr persönliches Highlight in den ersten 10 Jahren des Rolex Grand Slam of Show Jumping?

 

Mein persönliches Highlight, das mir wirklich lieb und teuer ist, war, als Scott Brashs den Rolex Grand Slam of Show Jumping gewonnen hat, weil es in Spruce Meadows geschah. Am meisten ist mir im Gedächtnis geblieben, als er die letzte Gerade hinabkam, den doppelten Wassergraben neben dem Ausgangstor, und alle Reiter draußen gestanden, zugesehen und ihn angefeuert haben. Das war ein wirklich ganz besonderer Augenblick, denn es ist nicht immer so, dass die Reiter sich gegenseitig anfeuern, da es ja nach wie vor ein Wettkampf ist. In dem Fall allerdings haben sie ihm alle von Herzen den Sieg gewünscht.

 

Was raten Sie jemandem, der in die Sportveranstaltungsbranche einsteigen möchte?

 

Mein bester Rat lautet, dass Geduld das A und O ist. Nichts lässt sich in ein oder zwei Jahren aufbauen, man muss am Ball bleiben. Geduld ist das A und O, wenn man auf Spitzenleistungen hinarbeitet, denn das lässt sich eben nicht in ein paar Jahren erreichen. Man muss die Geduld haben, sich fortlaufend verbessern zu wollen, dann gelangt man irgendwann zum Erfolg. Ich würde also sagen, das Zauberwort lautet Geduld.

 

Was sind für Sie ebenso wie für das CSIO Spruce Meadows ‚Masters‘-Turnier die wichtigsten Komponenten, die eine erfolgreiche Sportveranstaltung oder ein Sport-Major ausmachen?

 

Teamwork. Man muss ein starkes Team hinter sich und um sich herum haben. Man muss seine Vision erfolgreich kommunizieren können, aber es ist die Teamarbeit, die einem zum Erfolg verhilft.

Hier in Spruce Meadows haben wir 95 Vollzeitmitarbeiter. Während der COVID-19-Pandemie haben wir unsere gesamte Bürobelegschaft verloren, aber wir sind inzwischen wieder voll besetzt und die Leute leisten fantastische Arbeit.

 

Wenn wir uns die Tennislegenden Nadal, Federer und Djokovic ansehen, die die Tenniswelt und ihre Majors dominiert haben, wie wichtig ist es für das CSIO Spruce Meadows ‚Masters‘-Turnier, dass die Weltbesten bei der Veranstaltung antreten?

 

Natürlich ist es am allerwichtigsten, dass die besten Pferde und Reiter hier antreten. Die Herausforderung, der sich Spruce Meadows immer gegenübersieht, ist der Kalender. Dieses Jahr hat sich zum Beispiel der Flugtermin der Pferde aus Europa mit der FEI Europameisterschaft überschnitten. Das bedeutet leider, dass einige dieser Pferde nicht antreten können. Trotzdem sind dieses Jahr die Top 10 der Weltrangliste dabei. Ich glaube, wenn wir es schaffen, weiterhin das Beste zu bieten, werden auch weiterhin die Besten zu uns kommen.

 

Das CSIO Spruce Meadows ‚Masters‘-Turnier wird oft als die führende Veranstaltungsstätte für Pferdesport in Nordamerika angesehen. Wie stellen Sie sicher, dass Sie sich fortwährend weiterentwickeln und anpassen, um diesen Status aufrechtzuerhalten?

 

Wir sehen uns unsere vier Interessengruppen an und versuchen, jedes Jahr das Erlebnis für mindestens eine davon zu verbessern. Unsere Interessengruppen sind die Sponsoren, die Medien, die Athleten und die Fans. Was die Verbesserungen anbelangt, so kann das zum Beispiel die Neugestaltung der Stadionlogen für die Sponsoren sein, die Umgestaltung des Bodens für die Athleten oder den Fans einzigartige Erlebnisse zu bieten. Wenn wir weiterhin Spitzenreiter anlocken, werden die Medien auch weiterhin über sie schreiben und berichten, was ebenfalls sehr wichtig ist.

 

Lassen Sie und die Organisatoren des CSIO Spruce Meadows ‚Masters‘-Turniers sich von anderen großen Sportveranstaltungen inspirieren, z. B. im Tennis oder Golf?

 

Wir lassen uns definitiv von anderen großen Wettkämpfen inspirieren. Es ist etwas anders hier in Nordamerika als vergleichsweise in Europa oder England, weil wir darauf aus sind, auf die Titelseite zu kommen. Es ist also wichtig, dass wir immer wissen, wer gerade auf der Titelseite ist, Football oder die US Open? Darum wetteifern wir und deshalb müssen wir immer wieder großartige Geschichten erschaffen, über die die Medien berichten können.

Außerdem reisen wir um die Welt, nicht nur zu Springreitturnieren, sondern auch zu Tennis-, Golf- und Formel 1-Veranstaltungen, um zu beobachten, was dort fortlaufend unternommen wird, um das Erlebnis für die Fans zu steigern. Das ist uns sehr wichtig, und wir nehmen uns jedes Jahr eine Gruppe vor und versuchen, das Erlebnis für sie zu bereichern.

INTERVIEW MIT KERRY FINCH, TRAVELLING GROOM VON JOHN WHITAKER

(Photo : Rolex Grand Slam / Ashley Neuhof) (Photo : Rolex Grand Slam / Ashley Neuhof)

Können Sie sich kurz vorstellen und uns sagen, für wen Sie arbeiten und was Ihre Aufgabe ist?

 

Mein Name ist Kerry Finch und ich unterstütze seit fünf Jahren John Whitaker auf Reisen als Pferdepflegerin.

 

Erzählen Sie uns, wen Sie zum CSIO Spruce Meadows ‚Masters‘ mitgebracht haben?

 

Nach der Teilnahme an den Brussels Stephex Masters in Belgien sind wir nach Calgary geflogen. Bevor wir nach Kanada weiterreisten, verbrachten wir nach Stephex noch fünf Tage bei Helena Stormanns in Eschweiler. Die Fahrt zum Flughafen dauerte nur eine Stunde, was toll war. Ich kam um drei Uhr morgens an, um vor dem Abflug nach den Pferden zu sehen. Danach reiste ich von Brüssel nach Paris, um unseren Flug nach Calgary zu erreichen. Wir kamen zweieinhalb Stunden vor der Landung der Pferde an und konnten uns so vergewissern, dass alles in Ordnung war.

 

Was können Sie tun, um einem Pferd zu helfen, wenn es nicht gerne reist? Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Pferde bequem reisen, damit sie weiterhin Höchstleistungen bringen können?

 

Es ist schwierig, denn Equine America Unick du Francport hat eigentlich kein Problem mit dem Reisen, ist aber schnell gestresst. Deshalb müssen wir sicherstellen, dass alles glatt läuft. Zum Glück war er mit Sharid unterwegs, der ihm vertraut ist und das Reisen gut verträgt. Er hat sich auf dem Flug also schnell beruhigt. Ich bin noch nie mit ihm geflogen, deshalb kann ich nur schwer beurteilen, wie er mit dem Reisen zurecht gekommen ist.

 

Green Grass, der Hengst, den wir von Paul Barker geliehen haben, ist tatsächlich noch nie geflogen. Er ist ein kleiner Rabauke und wir mussten darauf Rücksicht nehmen, also haben wir ihm für den Flug ein Halfter verpasst. Es ist wichtig zu wissen, was den Pferden gefällt und worauf man achten muss, wenn sie unruhig sind. Green Grass hat die Reise sehr gut überstanden, er war gestern beim Longieren frisch und ausgeruht. Er frisst einfach gerne. Man muss ihm nur Futter geben, dann ist er zufrieden und bleibt ruhig!

 

Wie wichtig ist das gesamte Team, z. B. Tierärzte und Hufschmiede, für den gemeinsamen Erfolg?

 

Es ist extrem wichtig – es gibt definitiv einen starken Teamaspekt, denn wenn nicht alle an einem Strang ziehen und ihre Arbeit machen, wären wir nicht erfolgreich. Eine ständige Abstimmung zwischen allen Teammitgliedern ist wichtig, damit alle auf dem Laufenden bleiben. Jeder spielt eine entscheidende Rolle, um die Gesundheit und das Wohlbefinden der Pferde zu gewährleisten. Das gilt nicht nur für diejenigen, die mit zu den Turnieren reisen, sondern auch für das Personal zu Hause.

 

Können Sie uns ein wenig über die Pferde erzählen, die Sie mitgebracht haben, und über ihre Charaktere?

 

Wir haben drei Pferde zum CSIO Spruce Meadows ‚Masters‘ mitgebracht: Equine America Unick du Francport, Sharid und Green Grass.

 

Unick du Francport hat eine ganz besondere Art und ist sehr ruhig. Man darf in seiner Nähe nicht schroff werden, sondern muss ruhig bleiben, da er in dieser Hinsicht ein sehr empfindliches Pferd ist. Gleichzeitig weiß er aber, was er will – und tut auch, was er will. Wenn man ihn an der Hand grasen lässt und er sieht ein paar Grashalme, die lecker aussehen, dann zieht er dich dorthin und bewegt sich nicht vom Fleck, bis er seinen Willen bekommt. Ansonsten ist er aber ein sehr pflegeleichtes Pferd.

 

Dann ist da noch Sharid, der mit ihm [Equine America Unick du Francport] reist – sie sind jetzt schon seit fast dreieinhalb Jahren immer zusammen unterwegs. Sie kennen sich sehr gut und haben die Angewohnheit, nacheinander zu rufen, aber sie lassen sich nicht aus der Ruhe bringen, wenn einer von ihnen den Stall verlässt. Sharid ist ebenfalls ein sehr liebenswertes Pferd. Er schläft gerne. Wenn er sich nach dem Frühstück nicht wieder zurückzieht und auf dem Boden schläft, dann weiß man, dass etwas nicht stimmt! Ihm gebührt definitiv die Goldmedaille, wenn es ums Schlafen geht. Er kann ein bisschen empfindlich sein, wenn John aufsteigt, also habe ich Leckerlis dabei, um ihn zu beruhigen. Er hat sich so an diese Routine gewöhnt, dass er nur noch da steht und mich ansieht, während er auf ein Leckerli wartet. Pferde lernen sehr schnell.

 

Und dann ist da noch Green Grass, er liebt es zu fressen und sich zu wälzen! Alle Pferde sind sehr lieb. Jedes hat seine eigene Persönlichkeit. Sie sind eigentlich ganz schön verwöhnt!

 

Wie sind die Bedingungen beim CSIO Spruce Meadows ‚Masters‘ für Sie als Pferdepfleger und für die Pferde?

 

Es gibt kein anderes Turnier auf der Welt, das mit dem CSIO Spruce Meadows ‚Masters‘ vergleichbar ist. Der CHIO Aachen ist ein eindrucksvolles Turnier und die Teilnahme fantastisch. Aber Spruce Meadows ist ein ganz anderes Kaliber. Es gibt so viel Platz in den Ställen und auf den Koppeln, wo wir die Pferde rauslassen können – alles ist unglaublich sauber und ordentlich. Sie bieten auch einen Shuttleservice für die Pferdepfleger an, was das Ganze einfacher macht. Die Organisatoren haben Flächen zur Verfügung gestellt, in denen wir die Pferde an der Hand führen können, und wir sind nicht auf bestimmte Bereiche beschränkt. Die Einrichtungen hier in Spruce Meadows sind schlichtweg Weltklasse.

Es gibt kein anderes Turnier auf der Welt, das das Angebot hier übertrifft. Ich war schon einmal hier, als es schneite, und das Personal begann sofort damit, den Schnee von Hand zu räumen. Ich war auch 2005 hier, als es zwei Wochen lang ununterbrochen regnete – so etwas habe ich noch nie erlebt. Das Wasser musste aus den Hauptarenen abgepumpt werden. Der Boden hielt so gut, dass wir sogar noch springen konnten. Wenn man ein Problem hat, wird es gelöst – es ist wirklich eines meiner Lieblingsturniere!

 

Sind Sie gerne bei den Majors – The Dutch Masters, dem CHIO Aachen, Spruce Meadows ‚Masters‘ und dem CHI Genf? Wodurch unterscheiden sie sich Ihrer Meinung nach von den anderen Turnieren?

 

Ich mache diesen Job nun schon seit fast 30 Jahren und war noch nie bei den Dutch Masters, aber der CHI Genf ist ein wunderschönes Hallenturnier und der CHIO Aachen ist einfach klasse! Alle Majors des Rolex Grand Slam of Show Jumping bieten etwas ganz Besonderes. Sie richten Bereiche ein, in denen die Pferdepfleger Kaffee und ähnliche Dinge bekommen können, und wenn es ein Problem gibt, tun sie alles, um zu helfen.

 

Was gefällt Ihnen besonders daran, Teil des Teams von John Whitaker zu sein?

 

Ursprünglich war ich als freie Mitarbeiterin im Team von John Whitaker angestellt. Ich sollte eigentlich nur einen Monat für ihn arbeiten, bin aber nie gegangen. Bevor ich zu John kam, arbeitete ich 13 Jahre für Michael [Whitaker]. Auch mit Billy Twomey habe ich sechs Jahre lang zusammengearbeitet. Die Arbeit für John ist wirklich angenehm, alles ist sehr traditionell und simpel. Wenn man eine Zäumung findet, die bei einem Pferd funktioniert, dann bleibt man dabei. Mein Pferd hat seit dreieinhalb Jahren dasselbe Zaumzeug. So ist das eben. Die Dinge sind einfach und wenn es ein Problem gibt, kümmern wir uns darum. Hier läuft noch alles nach der alten Schule. Wir wollen nicht, dass die Pferde alle sechs Wochen behandelt werden, aber wenn sie eine Behandlung brauchen, dann bekommen sie sie.

John ist jetzt 68 Jahre alt und seine Arbeit hört nicht auf, wenn er nach Hause kommt. Morgens steht er auf, sattelt und reitet seine eigenen Pferde. Dann kümmert er sich um die Kühe und das Heu auf dem Hof oder um alles, was auf dem Hof repariert oder instand gesetzt werden muss.

Er ist sehr bescheiden, nichts steigt ihm zu Kopf. Wenn ihn jemand um ein Autogramm bittet, bleibt er immer stehen und unterhält sich fünf Minuten mit ihm. Es ist ihm nie zu viel.

 

Welche Eigenschaften haben John Ihrer Meinung nach über einen langen Zeitraum so erfolgreich machen?

 

John gibt nicht auf, er macht einfach immer weiter. Es geht ihm nicht darum, irgendjemanden oder irgendetwas zu übertreffen. So ist er einfach. Er ist jemand, der Sachen angeht und immer weitermacht. Ich glaube, der Tag, an dem er aufhört, wird der Tag sein, an dem er nicht mehr von dieser Welt ist. Er definiert sich nicht über sein Alter!

 

Vor fünf Jahren kaufte John Equine America Unick Du Francport und der war nicht einfach. Wenn ihn etwas störte, blieb er stehen und drehte sich im Kreis. John hatte damals kein Grand Prix-Pferd, Argento war am Ende seiner Karriere, also nahmen wir nicht an den großen Turnieren teil. Es folgten zwei Jahre harter Arbeit, in denen wir an allen Turnierserien und Bezirksveranstaltungen teilnahmen, damit Equine America Unick Du Francport sich an diese gewöhnen konnte. John war entschlossen und machte weiter, bis der Groschen fiel. Wenn man sie jetzt betrachtet, sind sie unaufhaltsam. In den letzten Jahren ist eine echte Partnerschaft entstanden.

 

Welchen Rat würden Sie jemandem geben, der in die Branche einsteigen möchte?

 

Viele Leute kommen wegen des Geldes in die Branche, aber es ist wichtig, dass man mit Leidenschaft bei der Sache ist und nicht nur seine Stunden abarbeitet. Mann muss für die Pferde da sein, so schwierig das klingt. Es ist eine Lebenseinstellung, nicht einfach ein Job. Man muss mit Herz und Seele dabei sein, um es richtig zu machen. Das ist nicht einfach!

Man darf sich nicht für etwas Besseres halten. Das Mantra sollte lauten: Wenn man es nicht weiß, sollte man um Hilfe bitten. Viele der jüngeren Pferdepfleger, die heute kommen, wollen keine Ratschläge von den älteren Kolleginnen und Kollegen – dabei sollten sie wie ein Schwamm alles aufsaugen und von allen um sie herum lernen. Genau so habe ich gelernt. Als ich zum ersten Mal nach Spruce Meadows flog, war ich noch nie mit Pferden geflogen – ich war erst 20 Jahre alt und lernte von all den anderen Pferdepflegern um mich herum.

 

Wie sieht die Gemeinschaft der Pferdepfleger aus? Unterstützen sie einander?

 

Ja, es geht recht solidarisch zu. In diesem Jahr sind wir 16 Pferdepfleger aus Europa beim Spruce Meadows. Wir verabreden gemeinsam, wann wir mit dem Shuttle fahren, wenn wir nachts nach den Pferden sehen. Manche sind mit nur einem Pferd hier und immer gerne bereit, denen zu helfen, die sich um mehrere Pferde kümmern müssen! Es sind die einfachen Dinge, die zählen. Zum Beispiel habe ich jemanden um Hilfe bei der Parade im Rahmen des Nationenpreises gebeten. Alle sind sehr hilfsbereit. Das ist in der Gemeinschaft der Pferdepfleger sehr wichtig.