Mittendrin im CSIO Spruce Meadows 'Masters' 2023: Sonntag, 10. September

FUCHS FLIEGT FÖRMLICH ZUM SIEG IM CPKC ‚INTERNATIONAL‘, PRESENTED BY ROLEX

(Photo: Rolex Grand Slam / Tom Lovelock) (Photo: Rolex Grand Slam / Tom Lovelock)

Der oft als eins der härtesten und prestigeträchtigsten Springreitturniere der Welt bezeichnete CPKC ‚International‘ Grand Prix, presented by Rolex, beim CSIO Spruce Meadows ‚Masters‘-Turnier war wieder einmal eine beeindruckende Zurschaustellung der Reitkunst der besten Springreiter der Welt. Insgesamt nahmen es 34 Pferd- und Reiterpaare aus 12 Nationen, darunter fünf aus den Top 10, mit dem wie üblich enorm anspruchsvollen Parcours von Leopoldo Palacios auf.

 

Das CSIO Spruce Meadows ‚Masters‘-Turnier ist das dritte Major des Rolex Grand Slam of Show Jumping im Kalender und das zweite, bei dem das zehnjährige Bestehen des Rolex Grand Slam of Show Jumping gefeiert wird.

 

Die erste Runde bestand aus 17 Hindernissen und 12 Kombinationen und war eine echte Bewährungsprobe in Sachen Ausdauer, Talent und Mut, sowohl für die Pferde als auch für die Reiter. Als Dritter im Ring gelang Angelie von Essen der erste fehlerfreie Durchlauf der Prüfung auf ihrem Selle-Français-Wallach Alcapone des Carmille. Nach der Hälfte der Starter waren nur vier Reiter fehlerfrei durchgekommen, darunter Heimfavoritin Tiffany Foster, die mit einer perfekten Runde für Begeisterungsstürme im ‚International Ring‘ sorgte.

 

Eine Enttäuschung musste der frisch gekrönte FEI-Europameister und Sieger dieser Prüfung aus dem Jahr 2021, Steve Guerdat, hinnehmen, dem wie 9 weiteren Reitern ein Fehler am 12. Hindernis unterlief. Das Entsetzen war groß, als auch einigen anderen Favoriten in dieser Prüfung der Sprung in die zweite Runde nicht gelang, darunter die Nummer vier der Weltrangliste, Ben Maher, der Sieger des Rolex Grand Slam of Show Jumping, Scott Brash, sowie der niederländische Reiter Harrie Smolders.

 

Die 12 besten Reiter aus der Eröffnungsrunde zogen in die nächste Runde ein, und diejenigen, die den Parcours mit maximal vier Fehlerpunkten schnell absolvierten, blieben weiterhin im Rennen um einen der begehrtesten Preise dieses Sports. Unter diesen Reitern waren die Kanadierin Erynn Ballard und der Ägypter Nayel Nassar. Insgesamt schafften fünf Reiter den technischen Parcours fehlerfrei, darunter Rolex-Markenbotschafter Martin Fuchs, der nach einem gewaltigen Sprung von Leone Jei über das Hindernis mit der kanadischen Flagge einen Teil der Strecke mit nur einem Steigbügel zurücklegte und die Zuschauer beeindruckte.

 

Nach einer kurzen Pause warte das Publikum in der ausverkauften, sonnendurchfluteten Arena mit angehaltenem Atem auf die Rückkehr dieser unglaublichen Pferd- und Reiterpaare. In umgekehrter Startreihenfolge aus der ersten Runde traten sie nun gegeneinander an und ein Punktegleichstand in dieser Runde bedeutete den Einzug ins Stechen. Nur ein Reiter mit vier Fehlerpunkten aus der ersten Runde setzte diejenigen mit einem fehlerfreien ersten Durchlauf mächtig unter Druck, nämlich der Mexikaner Andres Azcarraga, der unverwechselbare Klasse bewies und innerhalb des Zeitlimits von 77 Sekunden durch den Parcours fegte. Zur Freude und unter dem Jubel der Fans gelangen Tiffany Foster als Erster zwei fehlerfreie Runden, womit sie die Richtzeit für die drei noch übrigen Reiter festlegte. Rolex-Markenbotschafter Martin Fuchs, der schon zwei Major-Siege beim Rolex Grand Slam of Show Jumping verbuchen kann, stellte sicher, dass es ein Stechen geben würde, wohingegen der letzte Starter, Fuchs’ Markenbotschafterkollege Bertram Allen, einen niederschmetternden Fehler am CPKC-Triple hinnehmen musste, womit nur zwei Reiter für das Stechen übrig blieben.

 

Große Spannung lag in der Luft, denn nun hofften die kanadischen Fans auf einen ersten Heimsieg seit Captain Canadas [Ian Millar] Sieg 2014. Foster gelang eine respektable Runde mit nur einem Abwurf in einer Zeit von 44,45 Sekunden. Als der eindrucksvolle Grauschimmel, Leone Jei, durch den Uhrenturm einritt, hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Der Schweizer Reiter flog förmlich durch den ‚International Ring‘, als der sprungstarke Grauschimmel sein großes Talent bewies, überquerte die Ziellinie mit null Fehlern in einer Zeit von 43,58 Sekunden und holte sich damit den Sieg in dieser prestigeträchtigen Prüfung.

 

Zu seinem Sieg äußerte sich Fuchs: „Es ist unglaublich, bei dieser historischen Veranstaltung zu gewinnen – ich habe diese Prüfung schon immer gewinnen wollen.
 Mein Vater ist hier mehrmals angetreten und hat nie gewonnen. Er hat mir gesagt, dass ich für uns beide gewinnen müsste, und ich freue mich so, dass ich das geschafft habe!“

 

Weiterhin erklärte der neue Anwärter auf den Rolex Grand Slam of Show Jumping: „Leone Jei ist unglaublich – er ist ein so fantastisches Pferd und besitzt so viel Talent! Er ist in der ersten Runde unfassbar gut gesprungen – so gut, dass er mich über der kanadischen Flagge aus dem Sattel gehoben hat und ich meinen linken Zügel und Steigbügel verloren habe. Ich hatte alle Hände voll damit zu tun, wieder in den Steigbügel zu kommen, musste aber drei oder vier Hindernisse nehmen, bis es mir endlich gelang. Nach der ersten Runde haben wir überlegt, ob wir sein Gebiss wechseln sollen, weil er so eifrig war, aber mein Vater meinte, das sollten wir sein lassen und ich sollte lieber besser reiten!“

INTERVIEW MIT TOMMY WHEELDON JR.

(Photo: Spruce Meadows Media) (Photo: Spruce Meadows Media)

Erzählen Sie uns doch bitte etwas über Ihre Position und was sie beinhaltet.

 

Mein Name ist Tommy Wheeldon Jr. und ich bin Cheftrainer und Geschäftsführer des Cavalry FC. Ich bin schon seit Gründung der Mannschaft dabei – wir wurden 2018 ins Leben gerufen. Meine erste Begegnung mit Linda [Southern-Heathcott] war beim CSIO Spruce Meadows ‚Masters‘ im September 2017, und ich stellte ihr die Idee von Profifußball in der ‚International Arena‘ während einer Parcourbegehung vor.

 

Wie viel wussten Sie vor Ihrem Beitritt zum Cavalry FC vom Springreitsport?

 

Interessant, ich war schon vor der Gründung des Teams mehrmals als Zuschauer in Spruce Meadows gewesen, um meiner Stieftochter, Tatum, zuzusehen, die hier angetreten ist. Sie ist eine leidenschaftliche Reitsportlerin, genauso wie meine Frau. Als ich meine Frau kennenlernte, trat meine Stieftochter regelmäßig bei Turnieren an, und so bin ich ursprünglich durch die beiden mit diesem Sport in Kontakt gekommen. Lustigerweise waren wir mal bei einer Veranstaltung der Calgary Flames Family Foundation und meine Stieftochter wurde eingeladen, auf dem heutigen ATCO Field mitzureiten. Ich weiß noch, was für eine große Sache das für sie war. Also ja, ich hatte schon ein bisschen Kontakt zu Pferden und es war Zufall, dass ein Freund mich 2017 einlud, ihn zum ‚The Masters‘ zu begleiten.

 

Haben Sie Ähnlichkeiten zwischen den beiden Sportarten feststellen können?

 

Es gibt ganz eindeutig Ähnlichkeiten zwischen den beiden Sportarten. Es sind zwei Sportarten, bei denen es sehr auf Details ankommt. Bei beiden geht es um Beziehungen. Nehmen wir Pferd und Reiter – sie müssen einander vertrauen, und im Fußball ist es ganz ähnlich, denn Ihre Spieler müssen der Taktik, der Strategie und dem Training vertrauen.

 

Der Reitsport erfordert einen verblüffend hohen Grad an Detailgenauigkeit – ein Fehler in einer 60-Sekunden-Runde kann einen den Sieg kosten. Beim Fußball ist es genauso. In einem 90-Minuten-Spiel kann ein Fehler das ganze Ergebnis beeinflussen. Bei beiden Sportarten gibt es kaum Spielraum für Fehler.

 

In beiden ist äußerste Professionalität nötig. Wenn man sich das Springreiten ansieht, ist es wirklich beeindruckend, wie viel Training und Pflege in die Pferde investiert wird. Das kann man auch auf den Fußball übertragen, darauf, wie sich um die Spieler gekümmert wird – von ihrer Ernährung bis hin zu der Art, wie sie trainieren. Es gibt viele Überschneidungen.

 

Im Reitsport gibt es die Majors, wie auch im Tennis und Golf. Was würden Sie als die vier Majors im Fußball bezeichnen?

 

Wembley Stadium muss weit oben auf der Liste stehen als eins der vier Majors im Fußball. Dann würde ich sagen, New Camp Stadium, obwohl ich noch nie dort war. Es wird zurzeit renoviert, wird also auf jeden Fall ein sehr besonderes Stadion werden. Auch das Estadio Azteca in Mexiko. Ich habe mir dort 1986 die Weltmeisterschaft angesehen und weiß noch, dass das Stadion gerammelt voll war. Als Letztes würde ich das San Siro Stadion in Mailand nennen. Dort habe ich mich während der Weltmeisterschaft 1990 in den Fußball verliebt. Ich hatte die Chance, im Stadion zu sein, und es war so wunderschön dort.

 

Sie kennen sowohl den Fußball als auch den Reitsport. Was können die beiden Sportarten Ihrer Meinung nach voneinander lernen?

 

Der Reitsport hat etwas so Königliches an sich, wie die Leute sich kleiden und benehmen – es hat schon seinen Grund, warum Rolex in den Sport involviert ist. Das ist beim Tennis auch so, beispielsweise bei den Wimbledon Championships.

 

Ich glaubte, was der Fußball beigesteuert hat, ist dieselbe Eleganz beim Betreten von Spruce Meadows, aber mit einem etwas anderen Fan-Erlebnis. Man hat also dieselbe Umgebung, aber unterschiedliche Erlebnisse, und das ist ziemlich einmalig, vor allem bei einer Location wie Spruce Meadows. Einerseits hat man die ‚International Arena‘, in der die Reiter um den Sieg des Rolex Grand Slam of Show Jumping kämpfen und alles ziemlich still ist. Andererseits ist da das ATCO Field, wo das Publikum viel lauter ist, vom Anpfiff bis zum Schlusspfiff. Das ist wirklich einzigartig.

Was die Leistung angeht, tragen unsere Spieler jetzt diese GPS-Westen. Das verschafft uns Trainern einen Datenpunkt, sodass wir verfolgen können, wie hart die Spieler trainieren und wie schnell sie rennen. Ich unterhalte mich oft mit Ian Allison darüber und frage ihn, ob man auch die Pferde überwachen könnte, um zu sehen, ob sie zu viel oder zu wenig trainieren. Es ist immer ein sehr schmaler Grat. Der Einsatz von Technologie könnte ein interessantes Crossover sein. Mir ist bewusst, dass es Zeitschranken gibt, aber es wäre doch interessant, auch die Gesundheit der Pferde zu überwachen.

 

Ihr Sitz ist in Spruce Meadows, wo ständige Verbesserung und Innovation großgeschrieben werden. Inwiefern motiviert Sie und Ihr Team das, sich ebenfalls zu verbessern?

 

Ich finde, Mrs. Southern-Heathcott hat es am Treffendsten ausgedrückt: Es ist ein Ort der Vortrefflichkeit, an dem weit mehr getan wird, als nur seine Pflicht zu erfüllen. Ich glaube, das beschreibt Spruce Meadows am besten. Wenn man durch die Tore nach Spruce Meadows kommt, spürt man diese Vortrefflichkeit. Ich habe schon immer geglaubt, wenn man in Spitzenform ist, kann man das Spiel verändern. Ich glaube, die Familie Southern und das Leitungsteam von Spruce Meadows versuchen Woche für Woche und Jahr für Jahr, diese Vortrefflichkeit noch zu steigern. Es ist einfach unglaublich, Teil davon sein zu dürfen.

Im Fußball haben wir versucht, die Motivation aufrechtzuerhalten, immer danach zu streben, die Besten zu sein. Im Moment sind wir Spitzenreiter in unserer Liga. Ich glaube, wir haben die meisten regulären Saisonpunkten von allen Mannschaften gewonnen, und das ist die Atmosphäre, die wir geschaffen haben. Wir halten den höchsten Siegesrekord bei Heimspielen über fünf Jahre. Die Umgebung und Atmosphäre, in der das Team spielt, ist immer enorm wichtig für die Leistung. Und genau das hat Spruce Meadows geschaffen.

 

Haben Sie sich hier schon mal den CPKC ‚International‘ Grand Prix, presented by Rolex, angesehen und wie fanden Sie die Atmosphäre und das Niveau des Wettkampfs im Vergleich zu Ihren Spielen?

 

Ja! Ich war eingeladen, weil mein Freund Vizepräsident von Telus war, und er stellte mich Ian Allison und Linda Southern-Heathcott vor. Das Erste, das ich zu Linda sagte, war, wie fantastisch der Rasen ist! Fußball ist ein Spiel, das schon immer auf wunderschönem Rasen gespielt wird. Leider muss man in diesem Land sehr oft auf künstlichen Bodenbelägen spielen, aber in Spruce Meadows gibt es echtes Gras. Ganz ähnlich wie in Wimbledon und darauf sind wir sehr stolz.

 

Meine zweite Frage an Linda war, ob sie schon mal daran gedacht hätte, ein gesponsertes Match zu spielen. Mir waren all die Rolex-Uhren aufgefallen, die WestJet-Beschilderung – es waren zahlreiche angesehene Marken vertreten und auf mich wirkte es wie ein Fußballstadion. Linda fragte mich, wie schwer meine Athleten seien, woraufhin ich sagte, jeweils zwischen 50–90 kg. Und sie sagte: „Tja, unsere Pferde wiegen 1.200 Pfund, also glaube ich, dass wir problemlos 22 Spieler hier spielen lassen können.“

 

Zu der Zeit war das nur eine beiläufige Bemerkung, aber mein Freund hatte in der Woche darauf ein Meeting mit ihr und erwähnte, dass eine Profi-Fußballliga nach Kanada kommen würde. Linda wollte den Zweck wissen. Ihre Familie war schon immer sehr zweckorientiert und hier war es der Zweck, den Kanadiern zu helfen. Das traf bei ihr genau ins Schwarze, denn genau aus demselben Grund hatten Mr. und Mrs. Southern den Reitsport aufgebaut. Sie hatten beschlossen, den Kanadiern den Weg zu ebnen, als es noch keinen einzigen kanadischen Springreiter gab. Heutzutage tritt Kanada bei den Olympischen Spielen an, weil es Orte wie Spruce Meadows zu besuchen gibt, an denen alle nach Bestleistungen streben. Als es also wieder um diese Botschaft ging, den Kanadiern zu helfen, war die Familie sofort Feuer und Flamme dafür.

 

Als ich mir die Atmosphäre ansah, fiel mir als Erstes auf, wie glamourös alles ist. Es ist ganz klar ein erstklassiger Veranstaltungsort. Die Intensität war es, die mich so überrascht hat, weil ich erwartet hatte, dass die Zuschauer ganz höflich und nur leise klatschen würden. Die gespannte Erwartung hat mich wirklich überrascht – man hält für die Dauer der Runde den Atem an, und wenn es ein fehlerfreier Durchlauf war, seufzen alle erleichtert auf. Ich fand das ganz unglaublich, denn so etwas hatte ich noch nie erlebt, in keiner der Sportarten, die ich mir angesehen oder auch selbst gespielt habe.

 

Im Sommer richtet Spruce Meadows sowohl Fußball- als auch Reitsportveranstaltungen aus. Gibt es Menschen, die sich beides ansehen – sind Ihnen Überschneidungen bei den Fans aufgefallen?

 

Ich glaube, es gibt Überschneidungen bei den Fans. Man kommt zum selben Veranstaltungsort und erlebt etwas völlig anderes. Es gibt Menschen, die beim internationalen Weihnachtsmarkt in Spruce Meadows waren, aber noch nie beim ‚The Masters‘. Ebenso gibt es Fans, die sich ein Cavalry FC-Spiel angesehen haben, aber noch bei keiner Reitsportveranstaltung waren. Ich glaube, die Menschen betrachten Spruce Meadows inzwischen als ein Ausflugsziel. Ich glaube, jetzt kommen Menschen für den Tag hierher und bekommen etwas von dem Spitzenreitsport mit, bevor sie sich ein Fußballspiel ansehen. Es beginnt also, miteinander zu verschmelzen.

 

Spruce Meadows blickt auf eine lange Geschichte in Sachen Pferde zurück – der Cavalry FC ist jetzt fünf Jahre alt. Inwiefern haben Sie erlebt, dass der Sport hier gewachsen ist, und welches weitere Wachstum erhoffen Sie sich in den nächsten fünf Jahren?

 

Ich glaube, wir sind dem ursprünglichen Zweck treu geblieben: den Kanadiern einen Weg zu ebnen, im Sport ein Spitzenniveau zu erreichen. In den fünf Jahren, in denen unser Club jetzt besteht, haben wir vier Spieler gehabt, die es in die kanadische Nationalmannschaft geschafft haben. Diese Chance hätten sie nie bekommen, wenn es den Club nicht gäbe. Ich glaube, unser nächstes Ziel wird es sein, ein einzigartiges Fußballerlebnis von Weltklasse zu erschaffen. Im Laufe der nächsten 10 Jahre und vor allem auch, weil die Weltmeisterschaft 2026 in den USA, Mexiko und Kanada stattfinden wird, glaube ich, dass sich das Spiel sowohl im Hinblick auf die Teilnahme weiterentwickeln wird, aber auch im Hinblick auf das Interesse der Zuschauer, ein Spektakel zu erleben.

 

Wie im Reitsport, wo Pferd und Reiter antreten, sehen die Fans oft nur die Spieler auf dem Feld. Aber es geschieht so viel hinter den Kulissen, wodurch die Spieler erst das sind, was sie sind. Können Sie uns etwas über Ihr Team erzählen?

 


Das ist interessant, weil ich erst kürzlich in unserer Liga als Manager des Monats nominiert wurde. Meiner Meinung nach ist das ein Preis für all die Mitarbeiter und Spieler, die sich für unser Ziel aufopfern. Das beinhaltet, morgens pünktlich zum Mannschaftsfrühstück zu erscheinen, um das Kameradschaftsgefühl zu steigern, den Schwerpunkt auf die Weiterentwicklung unserer Technik zu legen, aber auch die Physiotherapeuten, die für die Gesundheit unserer Athleten sorgen, und die Sportwissenschaftler, die unsere Taktiken ausarbeiten. Es passiert so viel hinter den Kulissen, das uns letztendlich zum Erfolg führt. Unsere Unterstützer spielen auch eine Rolle. In dieser Saison hatten wir einen schweren Start mit fünf Unentschieden hintereinander, aber sie sind uns immer noch treu. Ich glaube, es ist ein Rekord, dass wir fünf Spiele lang nicht gewonnen haben. Aber wir haben auch nicht verloren. Es war ziemlich skurril.

Wenn die Mannschaft gut spielt, erhalten die Spieler die Auszeichnungen und das zu Recht. Aber wenn die Mannschaft nicht gut spielt, wird der Trainer hinterfragt. Das ist, glaube ich, das einzige Umfeld, in dem die Arbeit, die man während der ganzen Woche leistet, am Ausgang eines 90-minütigen Spiels gemessen wird. Die ganze Arbeit, die hinter verschlossenen Türen erfolgt, geschieht in Vorbereitung dessen, was die Fans am Wochenende sehen.

INTERVIEW MIT LEOPOLDO PALACIOS

(Photo : Rolex Grand Slam / Ashley Neuhof) (Photo : Rolex Grand Slam / Ashley Neuhof)

Können Sie uns Ihre offizielle Rolle erläutern und was sie beinhaltet?

 

Ich bin der Parcoursdesigner hier in Spruce Meadows und arbeite schon seit mehr als 25 Jahren hier. Um ein guter Parcoursdesigner zu sein, benötigt man viel Erfahrung in dem Sport und muss in der Lage sein, durch die Parcours, die man erstellt, für einen atemberaubenden Wettkampf zu sorgen. Ich habe ein fantastisches Team, das mir hilft und sicherstellt, dass wir den bestmöglichen Parcours auf die Beine stellen.

 

Wenn man gewährleisten will, dass sich der Sport fortlaufend weiterentwickelt, ist es entscheidend, dass auf die Pferde Rücksicht genommen wird. Es ist also ein schmaler Grat zwischen dem, was für die Pferde und Reiter machbar ist, und dem, was den Sport voranbringt.

 

Was ist das Besondere am CSIO Spruce Meadows ‚Masters‘-Turnier?

 

Für mich ist Spruce Meadows mein Zuhause und ich betrachte die Familie Southern als meine Familie. Ich arbeite jetzt seit über 25 Jahren hier und meiner Meinung nach gibt es keinen zweiten Ort wie diesen. Das Team ist wirklich etwas Besonderes und der Grad an Detail und Planung, der in die Veranstaltung einfließt, ist unglaublich beeindruckend.

 

Als Parcoursdesigner kann der Druck ziemlich hoch sein, einen großartigen Parcours zu bauen, der den Ansprüchen von Spruce Meadows gerecht wird, aber das Team hier hat sowohl fachliches als auch persönliches Vertrauen in meine Arbeit.

 

Der CPKC ‚International‘ Grand Prix, presented by Rolex, beim CSIO Spruce Meadows ‚Masters‘-Turnier wird oft als einer der schwierigsten Parcours der Welt bezeichnet. Was macht ihn so einzigartig?

 

Als Parcoursdesigner muss man eine Reihe von Faktoren berücksichtigen, wie Höhe und Weite der Hindernisse, die Zeitvorgabe, das Layout des Parcours, das Design der Hindernisse und das Gefälle des Rings. Es ist wichtig, dass wir uns auf alle Aspekte konzentrieren und für Ausgewogenheit sorgen – das macht einen guten Grand Prix aus. Genau dieses Gleichgewicht haben wir, wie ich finde, hier in Spruce Meadows erreicht.

 

Man kann uns [Parcoursdesigner] mit Choreografen vergleichen – wir wollen gewährleisten, dass die Prüfung ein echtes Spektakel für die Zuschauer wird. Wir versuchen, die richtige Balance für alle Beteiligten zu finden, von den Pferden über die Reiter bis hin zu den Fans.

 

In der Vergangenheit habe ich schon Parcours für die Olympischen Spiele 2000 in Sydney und die Olympischen Spiele 2008 in Beijing designt. Meiner Meinung nach ist der Parcours für den CPKC ‚International‘ Grand Prix, presented by Rolex, hier in Spruce Meadows größer und schwieriger als die olympischen Parcours.

 

Können Sie uns einen kleinen Einblick in den Parcours geben?

 

Es ist ein sehr anspruchsvoller Parcours. Die erste Runde besteht aus 13 Hindernissen mit einem Dreifach- und einem Doppelsprung, und die zweite Runde besteht aus 12 Hindernissen, auch wieder mit einem Dreifach- und einem Doppelsprung – also jede Menge Sprünge. Außerdem sind die Hindernisse sehr weit und hoch! Hier in Spruce Meadows haben wir eine ganze Sammlung von Hindernissen aus sämtlichen Olympischen Spielen und den wichtigsten Meisterschaften seit 1974, deshalb sieht der Parcours immer fantastisch aus.

 

Im CPKC ‚International‘ Grand Prix, presented by Rolex, hier beim Spruce Meadows ‚Masters‘-Turnier verwende ich Hindernisse, die nicht in den vorherigen Prüfungen vorkamen, zum Beispiel der doppelte Liverpool, der trockene Graben und der Wassergraben.

 

Der Grand Prix ist ein anderer Typ von Parcours als der Nations Cup, der etwas klassischer aussieht. Meiner Meinung nach ist der CPKC ‚International‘ anspruchsvoller für die Pferde und die Reiter, und der Zweck dieser Prüfung ist es, die beeindruckenden Fähigkeiten der Pferd- und Reiterpaare herauszustellen und den Fans ein großartiges Sporterlebnis zu bieten.

 

Wie wichtig ist es, dass die besten Reiter hier in Spruce Meadows antreten?

 

In der diesjährigen Ausgabe des CSIO Spruce Meadows ‚Masters‘-Turniers sind sechs der 10 besten Reiter der Welt dabei. Die Veranstaltung lockt die Weltelite an und das gestattet es mir als Parcoursdesigner, besonders kreativ zu sein, um das Niveau von Pferd und Reiter auf die Probe zu stellen. Der Parcours muss eine Herausforderung sein, vor allem die zweite Runde. In der zweiten Runde treten die 12 besten Reiter aus der ersten Runde gegeneinander an. Sie sind wirklich die Crème de la Crème des Sports und bei einem solchen Talentniveau kann ich sie mit meinem Parcours richtig auf die Probe stellen.

 

Die Gerade mit dem doppelten Liverpool wird sehr knifflig sein – es handelt sich um eine besondere Kombination für den CPKC ‚International‘ Grand Prix, presented by Rolex, hier in Spruce. Ich benutze diese Kombination zwar jedes Jahr gern, variiere sie aber jedes Mal leicht. Es ist meine Aufgabe, mir jedes Jahr neue und innovative Ideen für den Parcours auszudenken – und das ist nicht leicht!

 

Der Rolex Grand Slam of Show Jumping feiert dieses Jahr sein zehnjähriges Bestehen. Wie positiv sehen Sie ihn?

 

Ich habe im Laufe der letzten 10 Jahre ganz eindeutig eine Veränderung gesehen. Rolex hat dem Sport exponentiell geholfen – all die besten Reiter der Welt wollen in diesen Majors antreten. Es ist wirklich bemerkenswert, dass die besten Reiter der Welt um diese Majors wetteifern.

 

In Spruce Meadows hatten wir das Privileg, Scott Brash 2015 als ersten und einzigen Reiter zu erleben, der den Rolex Grand Slam of Show Jumping gewonnen hat. Das war ein so denkwürdiger und unfassbarer Tag – und etwas, das ich nie vergessen werde.

 

Der Rolex Grand Slam of Show Jumping hat den Sport ganz eindeutig um eine neue Ebene bereichert. Meiner Meinung nach gibt es in diesem Sport nichts Wichtigeres als den Rolex Grand Slam of Show Jumping.

 

Gibt es ein Highlight in Ihrer Karriere?

 

Ich habe in meiner Karriere schon so einige ganz besondere Augenblicke erlebt, aber der eine, der heraussticht, ist Scott Brashs Sieg des Rolex Grand Slam of Show Jumping 2015 hier in Spruce Meadows. Das war einfach unglaublich – alle Zuschauer und Reiter haben mit ihm mitgefiebert und ihm den Sieg gewünscht. Eine Atmosphäre wie an diesem Tag hatte ich bis dahin noch nie erlebt!

 

Welchen Rat würden Sie jemandem geben, der eine Karriere als Parcoursdesigner in diesem Sport anstrebt?

 

Mein Rat wäre, dass man Pferde lieben muss und das, was man tut, wirklich mit Leidenschaft tut. Man sollte sich immer bemühen dazulernen, was die Reitkunst angeht, denn das hilft einem, in dem Sport voranzukommen. Ich beobachte die Emotionen der Pferde, analysiere Statistiken und verfolge, was während des Turniers passiert. Man sollte nicht in diese Branche einsteigen in der Hoffnung, reich und erfolgreich zu werden, sondern aus Liebe zu diesem Sport. Es war meine Leidenschaft für den Sport, die mich da hingebracht hat, wo ich heute bin.