Mittendrin im Rolex Grand Slam : Mittwoch, den 2.Juli 2025

TURKISH AIRLINES – PREIS VON EUROPA – FARRINGTON FLIEGT BEIM CHIO AACHEN ZUM SIEG

Credit : Rolex Grand Slam - Tiffany Van Halle Credit : Rolex Grand Slam - Tiffany Van Halle

Der mit großer Vorfreude ist der Rolex Grand Slam of Show Jumping zum zweiten Major des Kalenderjahres zum CHIO Aachen gereist. Im hellen Scheinwerferlicht des historischen Hauptstadions stand heute Abend der Turkish Airlines-Preis von Europa im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, die erste Qualifikationsprüfung für den prestigeträchtigen Rolex Grand Prix am Sonntag.

Der von dem renommierten Parcourschef Frank Rothenberger entworfene 1,60-Meter-Parcours aus 14 Hindernissen war eine wahre Herausforderung an Geschick und Sprungkraft. Wie so oft beim Weltfest des Pferdesports war die Starterliste auch diesmal absolute Weltklasse. Unter den zahlreichen Stars befanden sich auch Rolex-Markenbotschafter Richard Vogel, der diese Prüfung 2024 gewann, der Goldmedaillengewinner im Einzel bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris, Christian Kukuk, sowie die aktuelle Nummer eins der Weltrangliste, Kent Farrington, der auf seiner talentierten zehnjährigen braunen Stute Myla als Erster an den Start ging.

Farrington demonstrierte gleich von Anfang an eindrucksvoll, warum er die Spitze der Weltrangliste innehat, indem er sich stilvoll und souverän einen Weg durch den Parcours bahnte und eine fehlerfreie Runde absolvierte. Der dritte Starter, Publikumsliebling Richard Vogel, erfreute sein Heimpublikum mit einer weiteren fehlerfreien Runde, sodass ein Stechen gesichert war.

Der Brite Adrian Whiteway gehörte zu den wenigen Pechvögeln, die einen Zeitfehler hinnehmen mussten, wohingegen der Deutsche Hans-Dieter Dreher ebenfalls fehlerfrei ins Ziel ritt. Die Belgierin Emilie Conter und die formstarke Sophie Hinners reihten sich ebenfalls in die immer länger werdende Liste der fehlerfreien Durchläufe ein. Ihnen schloss sich niemand Geringeres als der dreimalige Olympiasieger Ben Maher an, der die bereits bemerkenswerte Starterliste damit noch spannender machte. Nachdem die Hälfte des Starterfelds angetreten war, konnten acht Pferd-und-Reiter-Paare fehlerfreie Runden verbuchen.

Danach zeigte der Deutsche Gerrit Nieberg einen beeindruckenden Ritt auf dem unverwechselbaren Ping Pong van de Lentamel und der mehrfache Major-Sieger im Rolex Grand Slam of Show Jumping, Steve Guerdat, sowie Lillie Keenan sicherten sich ebenfalls einen Platz im Stechen. Als viertletzter Starter machte der stets beständige Marcus Ehning das deutsche Quintett für die zweite Runde vollständig.

Von den ursprünglich 46 Startern schafften es insgesamt 12 Pferd-und-Reiter-Paare ins Stechen. In umgekehrter Reihenfolge kehrten die Reiter und Reiterinnen für das Stechen zurück und so betrat der Deutsche Hans-Dieter Dreher als Erster den verkürzten Parcours. Mit einem fehlerfreien Ritt in 41,46 Sekunden gab er bereits früh die Richtzeit vor. Der nächste Anwärter auf die Pole-Position war der Brite Ben Maher, der Drehers Zeit um 1,81 Sekunden unterbieten konnte und damit vorläufig die Führung übernahm und den Druck auf die noch übrigen Starter weiter erhöhte. Für den Deutschen Richard Vogel sah es zunächst so aus, als würde er sich seinen zweiten Fünf-Sterne-Sieg des Tages holen, doch er ritt knappe 0,27 Sekunden langsamer als Maher ins Ziel.

Daniel Bluman aus Israel begeisterte das Publikum mit einer äußerst rasanten Runde und übernahm mit einer Zeit von 38,81 Sekunden die Führung. Passenderweise war es die Nummer eins der Weltrangliste, Kent Farrington, der als Letzter in die legendäre Arena einritt und sich mit einer meisterhaft kalkulierten Runde den Sieg holte.

Seinen Sieg kommentierte der Amerikaner wie folgt: „Ich hatte das Glück, als Letzter ins Stechen zu gehen, sodass ich genau wusste, wie der Parcours zu reiten war. So konnte ich ein paar Risiken mehr eingehen, als wenn ich früher gestartet wäre. Ich vertraue meinem Pferd und ihrer angeborenen Schnelligkeit– ich weiß, wie flink sie ist. Das hier ist die beste Veranstaltung der Welt und meine Stute hat heute Abend einfach alles für mich gegeben. Sie ist ein kleines Pferd mit einem ganz großen Herzen!“

INTERVIEW MIT TONY STORMANNS

Credit : Rolex Grand Slam - Helen Cruden Credit : Rolex Grand Slam - Helen Cruden

Tony, Sie gehören zu den größten Nachwuchstalenten im Springreiten. Würden Sie uns verraten, wie alles angefangen hat?

Als ich das erste Mal auf einem Pferd gesessen habe, war das auf dem Schoß meines Vaters beim Cavalettitraining bei uns zu Hause. Mit etwa vier oder fünf Jahren habe ich mein erstes Pony bekommen, hatte damals aber noch Angst, über die Reitbahn zu galoppieren. Ich habe mit Dressurprüfungen angefangen, aber immer gejammert, weil ich darin überhaupt nicht gut war. Irgendwann schlug meine Mutter mir vor, stattdessen mal Springen auszuprobieren, und das war der Wendepunkt.

 

Ich bin nie bei Championaten für Ponys angetreten und mit elf Jahren habe ich ganz aufgehört, Ponys zu reiten. Da habe ich mein erstes Großpferd bekommen und  angefangen, in den höheren Prüfungen anzutreten – meine ersten 1,40-Meter-Turniere, Regionalmeisterschaften, Nationenpreise, Europameisterschaften und so weiter. Dann bin ich nach Amerika gegangen und ab da ging es richtig los. Vergangenen Winter durfte ich sogar an ein paar nationalen Grands Prix teilnehmen und hatte sogar das Glück, einen davon zu gewinnen.

 

Von all meinen bisherigen Erfolgen bedeutet mir der Sieg bei der Deutschen Meisterschaft im vergangenen Jahr wohl am meisten. Das war, glaube ich, der bisher größte Augenblick meiner Karriere.

 

Sie sind mit Pferden aufgewachsen. Gab es einen bestimmten Moment, in dem Sie erkannt haben, dass Sie das zu Ihrem Beruf machen wollten?

Die Erkenntnis kam mir erst relativ spät. Ich habe neben dem Reiten immer auch andere Sportarten betrieben, weil es nicht meine große Leidenschaft war. Ich bin eigentlich bloß geritten, weil meine Eltern es so wollten. Aber eines Tages hat es Klick gemacht. Mir wurde klar, dass es unsinnig wäre, irgendeinen anderen Weg einzuschlagen. Vor mir lag eine unglaubliche Chance und da ich in einem Profistall wohnte, wollte ich einfach 100 Prozent geben. Von dem Augenblick an ergab plötzlich alles einen Sinn und ich habe angefangen, richtig Spaß daran zu haben.

 

Wer hatte bisher den größten Einfluss auf Sie bzw. wer waren Ihre größten Mentoren?

Der Mensch, auf den ich am meisten höre, ist meine Mutter. Sie ist meine Heldin. Sie besitzt diese Gabe, ein Pferd oder einen Reiter schon auf den ersten Blick einschätzen zu können. Das ist phänomenal. Was andere Reiter angeht, finde ich es faszinierend, Rolex-Markenbotschafter Richard Vogel zu beobachten und von ihm zu lernen. Ich bewundere seinen Stil und seine Herangehensweise wirklich sehr.

 

Das Reiten hat einen hohen Stellenwert in Ihrem Leben. Was bedeutet das für Sie im Hinblick auf Ihren Alltag und darauf, was Sie anderen mit auf den Weg geben möchten, je weiter Sie in diesem Sport vorankommen?

Für mich geht es in meinem Sportnicht nur darum, was im Parcours passiert, sondern auch um alles, was zu Hause passiert. Sich auf ein Turnier vorzubereiten, bedeutet mehr als im Training mal eben schnell eine 1,60-Meter-Runde zu absolvieren. Es erfordert wochenlange Arbeit – die Pferde zu trainieren, die Reitbarkeit zu verbessern und sowohl sich selbst als auch das Pferd mental vorzubereiten. In der Reitkunst dreht es sich nicht um die ca. 70 Sekunden im Parcours, sondern um die Monate davor, in denen man jeden einzelnen Tag an der Verbindung und dem Vertrauen zwischen Pferd und Reiter arbeitet.

 

Der CHIO Aachen ist das zweite Major des Rolex Grand Slam of Show Jumping des Kalenderjahres. Können Sie uns erklären, welche Bedeutung diese Veranstaltung für Sie hat?

Abseits der Meisterschaftsturniere ist dieser Grand Prix wahrscheinlich derjenige, der am schwersten zu gewinnen ist und die größte Bedeutung hat. Der Rolex Grand Prix beim CHIO Aachen ist eine der härtesten und spektakulärsten Prüfungen in unserem Sport. Selbst für Nachwuchsreiter wie mich, die beim CHIO Aachen in den kleineren Prüfungen antreten, ist es ein magisches Gefühl, einfach nur dort zu sein. Ich bin damit groß geworden, jedes Jahr meinen Lieblingsreitern dort zuzusehen. Manchmal, weil meine Mutter einen Schüler oder eine Schülerin hatte, die dort angetreten sind, und manchmal einfach nur, weil ich Lust hatte hinzugehen, ob mit Freunden, meinen Eltern oder auch alleine. Letztes Jahr durfte ich zum ersten Mal dort mitreiten, und ich glaube, ich war echt aufgeregter als 2022 bei meinem Sieg bei den FEI Europameisterschaften im Springreiten in der Altersklasse der Children!

 

Der Rolex Grand Slam of Show Jumping repräsentiert das höchste Niveau dieses Sports. Was bedeutet er für Sie als Nachwuchsreiter?

Der Rolex Grand Slam of Show Jumping ist die ultimative Herausforderung. Er verlangt dem Reiter alles an Erfahrung und an Geschick im Umgang mit den Pferden ab und den Pferden wiederum alles an Beständigkeit und Potenzial. Der einzige Reiter, der den Titel je gewonnen hat, ist Rolex-Markenbotschafter Scott Brash, und was er erreicht hat, ist einfach unglaublich. Wie viel Arbeit und Fokus das erfordert haben muss, und wie er sich gefühlt haben muss, als ihm klar wurde, dass er es geschafft hatte – das kann ich mir nicht mal ansatzweise vorstellen.

 

Wie sehen Ihre Ziele für die nächsten Jahre aus? Gehören die Majors des Rolex Grand Slam of Show Jumping dazu?

In dieser Saison steht in zwei Wochen die FEI Europameisterschaft im Springreiten an und danach habe ich das Glück, dass ich mit meiner Mutter und einigen ihrer Schüler zur Major League fahren darf. Auf lange Sicht würde ich gern auf höchstem Niveau für mein Land antreten und an den Majors des Rolex Grand Slam of Show Jumping teilnehmen. Im Augenblick versuche ich einfach, mich entsprechend meines Plans stetig weiterzuentwickeln, und hoffe, dass ich meine Ziele irgendwann verwirklichen kann.

 

Für welche Sportarten außer dem Springreiten interessieren Sie sich?

Fußball mag ich sehr. Ich verfolge nicht jeden Tag die Bundesligaergebnisse, aber wenn ein Spiel stattfindet, sehe ich es mir, wenn möglich, immer gern an – mit Freunden oder auch, wenn ich bei einer Veranstaltung bin. Ich habe früher auch viel Volleyball gespielt, vor allem zwischen meinem dreizehnten und fünfzehnten Lebensjahr. Als ich die Schule gewechselt und anfangen habe, mehr zu reiten, habe ich nicht mehr so viel gespielt, weil das Reiten dann Vorrang hatte. Ich habe es aber nicht vermisst.

 

Welchen Rat würden Sie hoffnungsvollen anderen Nachwuchsreitern geben, die eines Tages gerne in Ihre Fußstapfen treten würden?

Ich glaube, eine der wichtigsten Lektionen für Nachwuchsreiter – und eine, an der ich selbst noch arbeite – ist Geduld. Man muss Geduld mit sich selbst haben, mit dem Weg, den man eingeschlagen hat, und vor allem mit den Pferden.

ROLEX GRAND SLAM OF SHOW JUMPING – ENGAGEMENT FÜR DAS WOHLERGEHEN DER PFERDE DURCH INNOVATIVE WISSENSCHAFT

Credit : CHIO Aachen Credit : CHIO Aachen

Der CHIO Aachen, das zweite Major des Rolex Grand Slam of Show Jumping 2025, wartet nicht nur mit Reitsport von Weltklasse auf, sondern leistet auch Pionierarbeit darin, das Wohlergehen der Pferde mittels Wissenschaft und Innovation voranzubringen. Kernstück dieses Konzepts ist der CHIO Aachen Scientist Circle, eine bahnbrechende, langfristige Initiative aus führenden Wissenschaftlern und Experten der Bereiche Pferdehaltung und Pferdeverhalten aus Deutschland und der Schweiz. Seine Mission ist es, das Wohlergehen von Sportpferden vor, während und nach Spitzenwettkämpfen zu verstehen und zu verbessern.

 

Das Projekt wird geleitet von der Sportchefin des CHIO Aachen, Birgit Rosenberg, sowie einem Team aus führenden Veterinärmedizinern wie Prof. Dr. Dirk Winter und Dr. Miriam Baumgartner und genießt die Unterstützung der FEI, des Aachener Veterinäramtes sowie diverser Behörden wie dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV).

 

Herzstück des Projekts ist eine zentrale Frage: Wie geht es den Pferden beim CHIO Aachen wirklich und was muss unternommen werden, um ihr Wohlergehen auf lange Sicht zu gewährleisten? Um diese Frage zu beantworten, wird mithilfe von modernsten Technologien eine Reihe von wissenschaftlichen Studien durchgeführt. KI-gestützte, von ACARIS entwickelte Kameras werden in ausgesuchten Boxen sowohl im Heimatstall der Reiter als auch vor Ort in Aachen installiert, um das Bewegungs-, Ruhe-, Ess- und Trinkverhalten der Pferde zu beobachten. Des Weiteren liefern Gurte zur Herzfrequenzmessung, Sensoren zur Messung der Luftqualität in den Ställen sowie Cortisolmessungen im Kot der Pferde Einblicke sowohl in ihren physischen als auch ihren psychologischen Stresspegel.

 

Erfreulicherweise zeigen erste Erkenntnisse, dass die Pferde zwar während der Veranstaltung mehr Zeit in ihren Ställen verbringen, aber dennoch dafür gesorgt wird, dass sie aktiv sind und ausreichend bewegt werden. Der Cortisolspiegel stieg während der Wettkampftage an, zeigte jedoch keine deutlich erhöhten Werte aufgrund von Transport oder Training. Die Luftqualität in den Ställen hielt sich beständig innerhalb der in den Richtlinien für das Tierwohlbefinden festgelegten Grenzwerte.

 

2025 wird die Studie ausgeweitet und schließt nun 16 Pferde der Disziplinen Springen, Dressur, Vielseitigkeit und Voltigieren ein. Dabei kommen neue Kameras zum Einsatz, mit denen die Mimik der Pferde aufgezeichnet wird – eine innovative Methode, um ihr emotionales Wohlbefinden einschätzen zu können. Profilierte Reiter wie Rolex-Markenbotschafterin Isabell Werth, Katharina Hemmer und Felix Vogg sind Teil dieser wichtigen Initiative.

 

Die CHIO Aachen Science Lounge wird den Dialog weiter vorantreiben, indem sie ein Forum für Reiter, Pfleger, Trainer, Tierärzte und Medien bereitstellt, in dem es um neueste Erkenntnisse und Techniken für das Monitoring, das Training und die Erholung der Pferde geht. Veranstaltet wird die Science Lounge vom CHIO Aachen CAMPUS in Zusammenarbeit mit ReproTraining.

 

Der Scientist Circle plant weiterhin, durch einen größer werdenden Testpool von etwa 30 bis 40 Pferden im Laufe der nächsten drei Jahre ein starkes, wissenschaftsgestütztes Fundament zu schaffen, um das Wohlergehen der Pferde im Spitzensport kontinuierlich zu verbessern. Dies festigt nicht nur die Rolle des CHIO Aachen als Wettkampfschauplatz von Weltniveau, sondern auch als weltweit führend in der Betreuung und Versorgung der Pferde.