Mittendrin beim CHI Genf: Donnerstag, 6. Dezember

Daniel Deusser mit Calisto Blue (Photo: Rolex Grand Slam / Kit Houghton) Daniel Deusser mit Calisto Blue (Photo: Rolex Grand Slam / Kit Houghton)

Der Deutsche Daniel Deusser gewinnt die Trophée de Genève, die erste Qualifikation für den Rolex Grand Prix beim CHI Genf

Bei der ersten Qualifikationsprüfung für den Rolex Grand Prix erreichten neun Reiter-Pferd-Paare das hart umkämpfte Stechen. Daniel Deusser, der mit Calisto Blue in einer beeindruckenden Zeit von 37,31 Sekunden die Messlatte hoch legte, war der erste, der einen fehlerfreien Ritt absolvierte.

Der letzte Reiter, Pieter Devos, schien gleichauf mit Deusser dessen fehlerfreie Leistung nachzuahmen, war aber ein wenig zu langsam und musste sich mit dem zweiten Platz begnügen. Simon Delestre landete auf dem dritten Platz. Beide sind hervorragende Anwärter auf den Rolex Grand Prix am Sonntag.

Wie hat sich der Parcours heute Abend angefühlt?

Der erste Umlauf war zeitlich wirklich knapp bemessen, sodass alle gezwungen waren, Tempo zu machen, und am Ende mussten sich die Pferde ziemlich strecken, was zu vielen Fehlern führte. Zehn Reiter-Pferd-Paare ritten fehlerfrei und noch ein paar weitere mit Zeitfehlern, was eine gute Anzahl für ein Stechen ist. Aber es war definitiv kein einfacher Wettkampf.

Dachten Sie, als Sie ins Stechen gingen, dass Sie gute Chancen hätten?

Um ehrlich zu sein, war ich mir nicht sicher. Es gab viele schnelle Paare, gegen die es zu bestehen galt, und ich dachte, dass ein oder zwei vielleicht etwas schneller sein könnten. Aber ich denke, mein fehlerfreier Ritt übte Druck aus, und einige der Pferde waren gezwungen, schneller zu werden, wodurch sie etwas flacher sprangen. Ich hatte einen guten Ritt und war sehr zufrieden mit meinem Pferd.

Wenn Sie an den Rolex Grand Prix am Sonntag denken, wer ist Ihrer Meinung nach Ihr größter Konkurrent?

Es gibt hier an diesem Wochenende einige wirklich gute Wettkämpfe, daher ist das schwer zu sagen. Ich denke, McLain und Clinta werden eine gute Leistung ablegen; auch Steve Guerdat und Bianca sind schwer zu schlagen, wenn sie in Form sind. Es wird sicher ein guter Wettkampf werden.

Emma Uusi-Simola groom to Steve Guerdat with Albfuehren's Bianca (Photo: Rolex Grand Slam / Kit Houghton) Emma Uusi-Simola groom to Steve Guerdat with Albfuehren's Bianca (Photo: Rolex Grand Slam / Kit Houghton)

Hinter der Stalltür mit: Emma Uusi-Simola, Pferdepflegerin von Steve Guerdat

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit am meisten?

Besonders mag ich das Reisen. Ich habe wirklich Spaß daran, verschiedene Teile der Welt zu sehen und weit weg vom Heimatstall Zeit mit den Pferden zu verbringen. Ich liebe auch die Atmosphäre auf Turnieren. Sie sind alle so unterschiedlich, aber das Gefühl der Aufregung, das man in der Menge spürt, ist überall gleich und etwas ganz Besonderes.

Hat eines von Steves Pferden irgendwelche kuriosen Eigenschaften?

Ja, Bianca hat so einen ausdrucksstarken Charakter, und sie ist eine typische Stute. Zuhause ist sie das ruhigste Pferd auf dem Hof, so entspannt und cool. Aber sobald sie auf einem Turnier ist, wird sie wirklich nervös und viel unruhiger. Ich denke, sie wird wegen des Wettkampfes nervös, aber sie schafft es immer, im Parcours die Nerven zu behalten. Sie ist auch sehr wählerisch darin, welche Leckerli sie mag, und wenn man ihr die falschen gibt, rümpft sie die Nase.

Albfuehren‘s Bianca hat bisher ein Jahr unglaublicher Ergebnisse vorgelegt. Was denken Sie, warum sie besser abschneidet als je zuvor?

Steve arbeitet schon eine Weile mit Bianca und wollte sicherstellen, dass er ihr Zeit zum Wachsen und Entwickeln gibt, bevor er sie überfordert. Ich denke, das ist der Schlüssel zu ihrem Erfolg, denn es ist wichtig, sicherzustellen, dass das Pferd sowohl geistig als auch körperlich bereit ist, Wettkämpfe auf diesem Niveau zu bestreiten. Sie ist jetzt erwachsen und ein tolles Pferd mit so viel Talent und einem breiten Einsatzbereich. Deshalb freuen wir uns sehr, dass sie sich so gut macht.

Haben Sie irgendwelche Pflege- oder Reisetipps?

Ich denke, der wichtigste Teil dieser Arbeit und der beste Tipp, den ich geben kann, ist, immer sicherzustellen, dass die Pferde glücklich sind. Ich möchte, dass sie frei sind und sich wie Pferde fühlen, nicht nur wie Wettkampfteilnehmer. Also sorgen wir dafür, dass sie viel Weidezeit bekommen, um entspannen und Gras fressen zu können. Es ist kein Geheimnis, aber ein glückliches Pferd sorgt für einen glücklichen Reiter, und das macht meine Arbeit einfacher!

Wie sieht die übliche Pflege der Pferde nach dem Wettkampf aus?

Nachdem sie gesprungen sind, kühlen wir ihnen die Beine mit Eis, striegeln sie sehr gründlich, um die Durchblutung anzuregen, und einigen Pferden legen wir auch Massagedecken auf.

Welchen Rat würden Sie jemandem geben, der eine Karriere in diesem Bereich beginnen möchte?

Man muss sich sicher sein, dass man wirklich hart arbeiten will; die Tage sind lang und erfordern viel Einsatz. Meine Empfehlung wäre, dass man sich immer weiterbilden soll. Man soll stets Fragen stellen und auch andere um Rat fragen, denn das bedeutet, dass man sich ständig verbessert.

Was war bisher der beste Moment Ihrer Karriere?

Das ist eine schwierige Frage, weil es bei meiner Arbeit für Steve viele Höhepunkte gab. Ich würde sagen, die zwei herausragendsten Momente für mich waren zum einen das erste Mal, dass wir das Weltcup-Finale gewannen. Ich kann mich noch an das schwirrende Gefühl und das Feiern erinnern. Das war so aufregend. Das zweite Mal war, als Steve hier mit Nino den Rolex Grand Prix gewann; die Reaktion des Publikums war unglaublich und es war so emotional.

Director of CHI Geneva Sophie Mottu Morel with Alban Poudret, competition Director (Photo: Rolex Grand Slam / Kit Houghton) Director of CHI Geneva Sophie Mottu Morel with Alban Poudret, competition Director (Photo: Rolex Grand Slam / Kit Houghton)

Gespräch mit den Organisatoren; Sportdirektor Alban Poudret und Generaldirektorin Sophie Mottu Morel

Der CHI Genf wurde neunmal zum besten Turnier der Welt gewählt. Wie sorgen Sie jedes Jahr für neuen Schwung auf dem Turnier?

Sophie: Jedes Jahr nehmen wir uns die Zeit, mit den verschiedenen Turnierbeteiligten zu sprechen und sie zu fragen, was gut funktioniert hat und was verbessert werden kann. Es ist wirklich wichtig, dass wir Informationen sammeln, auf Kommentare hören und diese nutzen, um jedes Jahr voranzukommen. Wir werden nie selbstzufrieden sein, und egal, wie klein ein Detail oder eine Anpassung auch sein mag, wir wollen nichts unversucht lassen. Es ist auch wichtig, dass wir die Freiwilligen stets motivieren können und sie gut behandeln, denn ohne sie wären wir schlicht nicht in der Lage, so eine großartige Veranstaltung zu organisieren.

Alban: Dem kann ich nur hinzufügen, dass wir uns mit ganzem Herzen der Aufgabe widmen, denn wir wollen, dass man unsere Liebe zum Sport spüren kann. Unser Ziel ist es, die Reiter, Pferdepfleger, Zuschauer und Freiwilligen willkommen zu heißen – alle, die dieses Turnier so besonders machen. Ich benutze gerne den Vergleich: „Wenn Sie Freunde zu sich nach Hause einladen, möchten Sie, dass sie sich willkommen fühlen und eine angenehme Zeit verbringen“ und das ist es, was wir jedes Jahr beim CHI Genf zu erreichen versuchen.

Sie haben zwei Parcoursbauer. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Alban: Wir halten es für sehr wichtig, zwei Parcoursbauer für das Springen hier zu haben, denn wir haben die ganze Woche über so viele verschiedene Prüfungen – darunter viele Spezialprüfungen wie das Zeitspringen über Naturhindernisse und die Kombinationsprüfung – das alles wäre für eine Person kaum zu schaffen. Ich denke, es ist auch wichtig, mit jemandem zusammenzuarbeiten und Ideen austauschen zu können; und ich glaube fest daran, dass man immer bessere Ergebnisse erzielt, wenn man in einem Team arbeitet. Unser System besteht darin, dass wir einen Schweizer Parcoursbauer, derzeit Gérard Lachat, und einen internationalen Parcoursbauer haben.

Wie hat sich das Turnier verändert, als es Teil des Rolex Grand Slam of Showjumping wurde?

Sophie: Wir waren lange Zeit, von 1979 bis 2012, Teil des World Cups. Daher war diese Veränderung keine leichte Entscheidung, aber ich habe das Gefühl, dass es das Turnier wiederbelebt und uns großen Antrieb gegeben hat. Wir als Team sind so stolz darauf, zusammen mit dem CHIO Aachen, den CSIO Spruce Meadows „Masters“ und den Dutch Masters am Rolex Grand Slam teilzunehmen. Bevor wir Teil des Rolex Grand Slams wurden, dachten einige unserer langjährigen Teammitglieder über einen Rücktritt nach, aber die Aufnahme in den Rolex Grand Slam hat ihnen neuen Schwung verliehen; und uns hat es definitiv ermöglicht, ein neues, aufregendes Kapitel aufzuschlagen.

Sophie, können Sie über Ihren Werdegang sprechen und darüber, wie Sie Generaldirektorin geworden sind?

Sophie: Ich habe zwei Jahre lang mit dem ehemaligen Präsidenten zusammengearbeitet. Ende 2001 sagte er, dass er zurücktreten wolle, und fragte mich, ob ich dem Team beitreten würde. Zuerst dachte ich, er sei verrückt. Ich war so jung (28 Jahre) und wusste nicht, ob ich für so eine große Verantwortung bereit wäre. Ich nahm mir etwas Zeit, darüber nachzudenken, und beschloss, das Angebot anzunehmen. 2004 wurde ich dann Generaldirektorin. Als kleines Mädchen hätte ich mir nicht träumen lassen, dass ich eines Tages in dieser Position sein würde! Allein auf dem Turnier zu arbeiten, war für mich ein Traum, der in Erfüllung ging; eine Veranstaltung mit so viel Geschichte, bei der so schöne Pferde und talentierte Reiter antreten. Es war definitiv eine große Herausforderung, aber das Team hat mich sehr herzlich aufgenommen und glaubte wirklich an mich, wofür ich sehr dankbar bin. Tatsächlich war Alban gut mit meinen Eltern befreundet, und ich habe seine Arbeit immer bewundert. Also schien die Arbeit mit ihm zunächst sehr surreal. Aber seine Unterstützung ist etwas, das ich nie vergessen werde, und jetzt sind wir auch sehr gute Freunde.

Alban: Wir hatten volles Vertrauen in Sophie und können uns nur bei ihr bedanken. Sie ist so eine gute Direktorin und bringt so viel Temperament in das Team. Sie hat 15 Jahre Glück in das Organisationskomitee gebracht, und unsere Freundschaft ist mit jeder Herausforderung gewachsen. Ich denke, dieses Komitee ist etwas ganz Besonderes, denn es geht uns hier allen um den Sport, niemandem geht es nur um sich selbst. Uns alle eint die Leidenschaft, den Sport zu verbessern, und wir alle hatten den Kindheitstraum, ein Teil dieser besonderen Welt zu werden; und wir bleiben unseren Wurzeln und unserem Traum treu.

Es ist ein solch historisches Turnier. Wie hat es sich seit seinen Anfängen verändert?

Alban: Das Turnier gibt es seit 1926, es findet aber erst seit 1991 jährlich statt. Ursprünglich gab es bei uns nur das Springen, bis wir 1997 die Dressur einführten. Dann nahmen wir 2002 das Fahren in unser Programm auf, und vor zwei Jahren wurden wir gänzlich verrückt und beschlossen, vier Disziplinen auszurichten. Wir wollten ein Mini-Indoor-Aachen mit Springen, Dressur, Fahren und Vielseitigkeit schaffen. Wir wissen, dass wir jetzt aus Platzgründen unsere Grenzen erreicht haben, aber wir lieben die Herausforderung, die das mit sich bringt, und sind stolz darauf, wie weit wir gekommen sind. Wir wissen nicht, was die Zukunft bringen wird. Wir sorgen dafür, dass wir auf unsere Zuschauer hören und ihr Feedback annehmen, damit wir ihnen das bieten können, was sie bei den nächsten Veranstaltungen sehen wollen.

Alban, was sind Ihre drei besten Zahlen zu dem Turnier?

Alban:

  1. Wir sind sehr stolz darauf, neunmal den Preis „Bestes Turnier der Welt“ gewonnen zu haben.
  2. Rodrigo Pessoa hält den Rekord für die meisten Siege im Rolex IJRC Top 10 Finale und im Rolex Grand Prix zusammen. Pessoa hat 10 Mal gewonnen. Steve Guerdat liegt mit neun Siegen sehr dicht dahinter, und dann folgt Kent Farrington mit sechs Titeln.
  3. Unser Zuschauerrekord liegt bei 50.000 beim FEI World Cup™ Finale und unser Besucherrekord für eine normale Veranstaltung bei 43.000.

Welchen Rat würden Sie jemandem geben, der eines Tages Generaldirektor werden möchte?

Sophie: Ich würde sagen, Sie müssen an sich selbst glauben. Manchmal fühlt es sich an, als müsse man einen großen Berg erklimmen, aber Sie müssen sich sagen, dass Sie den Gipfel erreichen werden. Sie müssen auch offen sein für die Menschen, mit denen Sie arbeiten, und nicht denken, dass Sie alle Lösungen kennen. Und schließlich würde ich raten, den Freiwilligen Respekt zu erweisen, denn ohne sie können wir nichts tun.

Alban: Sie müssen sicherstellen, dass Sie eine gute Ausdauer haben. Denn die Tage sind lang, und nach der Arbeit muss man noch Energie zum Tanzen haben! Ich würde auch sagen, vergessen Sie nie Ihre Kindheitsträume und bleiben Sie immer Ihrer Leidenschaft treu.