(Photo: Spruce Meadows Media / Dave Chidley)
Ein wie immer gewaltiger und anspruchsvoller von Leopoldo Palacios entworfener Parcours erwartete 40 der weltbesten Reiter-Pferd-Kombinationen, die im Rahmen der Rolex Grand Slam-Serie im legendären International Ring von Spruce Meadows die Königsklasse der Masters-Woche, das CP ‚International‘, presented by Rolex bestritten.
Im ersten Umlauf gab es nach den ersten 20 Startern noch keine Nullrunde und eine Reihe von DNFs zeugte von der Schwere der Prüfung, die Reiter und Pferd zu bewältigen hatten, wobei die Dreifachkombination nach dem Wassergraben nur eines der Hindernisse war, an denen viele der Reiter scheiterten. Der 24-jährige Gilles Thomas aus Belgien und sein 14-jähriger Wallach Aretino 13 stellten jedoch schon bald unter Beweis, dass der Parcours des Venezolaners Palacios reitbar war, indem die beiden die 14 Hindernisse in einer Zeit von 84,72 fehlerfrei bewältigten. Trotz vier Fehlern blieben auch der Live Contender des Rolex Grand Slam of Show Jumping Gerrit Nieberg (GER) und sein Erfolgspferd vom Rolex Grand Prix beim CHIO Aachen im Juli, Ben 431, im Rennen. Kurz darauf demonstrierte McLain Ward (USA) mit seiner Superstar-Stute HH Azur Klasse und Harmonie, indem er in 83,73 Sekunden die zweite Nullrunde ablieferte.
Der Schweizer Steve Guerdat und sein 13-jähriger Wallach Venard De Cerisy ließen sich davon inspirieren und erzielten in 85,53 Sekunden die dritte Nullrunde des Tages. Nach dem Überschreiten des 86-Sekunden-Limits trübte ein Zeitfehler des Niederländers Harrie Smolders und seines Siegerpferdes beim CP ‚International‘ presented by Rolex 2019, Darry Lou, den ansonsten fehlerfreien Umlauf. Dem deutschen Springreiter Daniel Deußer und seiner Stute Killer Queen VDM, dem Major-Siegerpaar des CHIO Aachen 2021, gelang die vierte Nullrunde des Tages und die letzte des ersten Umlaufs. Sechs weitere Kombinationen zogen in den zweiten Umlauf ein, darunter die Mexikaner Eugenio Garza Perez und Manuel Gonzalez Dufrane, der Schwede Peder Fredricson, Rolex-Testimonial Martin Fuchs aus der Schweiz, der Ire Paul O'Shea und der Brasilianer Francisco Jose Mesquita Musa.
Die 12 bestplatzierten Pferde und Reiter des ersten Umlaufs mussten sich einem zweiten Umlauf mit noch höheren Hindernissen in einem leicht verkürzten Parcours stellen, wobei das Zeitlimit bei 72 Sekunden lag. Als Fünfter an der Reihe zeigten Martin Fuchs und sein 10-jähriger Schimmelwallach Leone Jei ihre unverwechselbare Klasse, indem sie den Parcours in 69,80 Sekunden fehlerfrei absolvierten. Nach dem Brasilianer Eugenio Garza Perez und seinem 11-jährigen Hengst Contago sowie Gerrit Nieberg und Ben 431 war dies die dritte fehlerfreie Runde eines Paare in Folge, das im ersten Umlauf 4 Fehlerpunkte verbucht hatte. Ihre Hoffnungen waren jedoch nur von kurzer Dauer, denn das Siegerduo des CP ‚International‘ von 2021, Steve Guerdat und Venard De Cerisy, war das erste Paar, dem eine doppelte Nullrunde gelang. Die aktuelle Nummer 39 der Weltrangliste, Gilles Thomas, war der nächste Reiter, der zur Freude des kalifornischen Publikums ebenfalls fehlerfrei bleiben konnte, so dass ein Stechen erforderlich wurde. Rolex-Testimonial Daniel „Double D“ Deusser und seine 12-jährige Stute Killer Queen VDM sicherten sich kurz darauf ebenfalls einen Platz im Stechen. Der Sieger des Tourmaline Oil Cups vom Freitag, McLain Ward, schaffte es nach einem Abwurf nicht in die Entscheidung.
Der Ausgang des Stechens des dritten Umlaufs war offen und das fachkundige Publikum wartete gespannt darauf. Als Erster absolvierte Steve Guerdat den Stechparcours und überquerte die Ziellinie mit vier Fehlerpunkten in 41,70 Sekunden. Gilles Thomas, der als nächster an der Reihe war, kam nach Abwürfen am CP-Oxer sowie am finalen Hindernis mit acht Fehlerpunkten in 42,31 Sekunden ins Ziel. Daniel Deußer ritt in aller Ruhe in den International Ring ein, navigierte akribisch durch das Stechen mit acht Hindernissen und überquerte die Ziellinie fehlerfrei innerhalb des Zeitlimits. Damit gewann er den CP ‚International‘ 2022, presented by Rolex und wurde zum Live Contender des Rolex Grand Slam of Show Jumping.
Zum Sieg beim CP ‚International‘, presented by Rolex äußerte sich Deußer wie folgt: „Das hier ist ein historischer Grand Prix, es ist eine Klasse, die ich verfolge, seit ich sehr, sehr jung bin. Ich habe die Prüfung im Fernsehen gesehen, und ich habe noch VHS-Kassetten zu Hause, auf denen das Springen zu sehen ist. Ich habe es mir immer wieder angesehen und konnte mir nie vorstellen, selbst hier zu sein. Den CP ‚International‘, presented by Rolex hier in Spruce Meadows zu gewinnen, ist ein fantastisches Gefühl.“
Voller Begeisterung für seine Stute Killer Queen VDM merkte Deußer an: „Sie hatte eine fantastische Woche, um ehrlich zu sein. Ich habe den ersten Tag mit einer kleinen Prüfung begonnen und hatte Zweifel, sie in einer großen Prüfung einzusetzen, aber schließlich bin ich mit ihr am Freitag in der großen Prüfung gestartet, weil sie noch nie hier im International Ring war. Ich denke, dass es heute eine gute Entscheidung war, sie ist drei fantastische, fehlerfreie Runden gesprungen, und sie wird heute Abend auf jeden Fall ein großes, großes Abendessen und einige Karotten und Leckerlies bekommen!“
(Photo: Spruce Meadows Media / Jack Cusano)
Was haben Sie bis zum Jahresende noch vor?
Die erfahreneren Pferde, die ich hier in Spruce Meadows dabei habe, machen eine kleine Pause, und zum Oktoberfest sind wir dann mit einigen der jüngeren Pferde zurück. Danach werden wir uns eine Auszeit gönnen, bevor wir in den ersten vier Monaten des nächsten Jahres das Winterprogramm in Thermal absolvieren.
Was macht Spruce Meadows zu einem so besonderen Ort für Wettkämpfe?
Ich bin in der Gegend aufgewachsen und schon als Kind hierhergekommen. Ich habe immer davon, im International Ring gegen die Besten der Welt anzutreten. Die ganze Geschichte, dieser Ort ist einfach legendär und es ist wirklich ein wahr gewordener Traum, hier antreten zu können.
Worauf sind Sie in Ihrer Karriere besonders stolz?
Der stolzeste Moment meiner bisherigen Karriere ist wohl, es geschafft zu haben, einmal während der Sommerserie im International Ring zu starten. Ich hatte mich während der Sommerserie gerade auf 1,40 m gesteigert. Mich für diesen Wettkampf zu qualifizieren, war also toll.
Wer hat Sie im Laufe Ihrer Karriere bis jetzt am meisten inspiriert?
In letzter Zeit meine beiden Trainer, Kelly Koss-Brix und Ben Asselin. Ich finde es toll, dass sie mich unter ihre Fittiche genommen haben und mir das Springreiten richtig beigebracht haben. Das hat es mir ermöglicht, einige unglaubliche Pferde zu reiten.
Was motiviert Sie und macht Sie so erfolgshungrig?
Mich motiviert, dass es immer mehr gibt, was man erreichen kann. Man will im Sport einfach immer besser werden, das Ziel ist, am Sonntag hier zu springen und an den größten Grands Prix teilzunehmen. All das motiviert mich, weiterzumachen und alles zu geben.
Erzählen Sie uns ein wenig über die Pferde, die Sie diese Woche dabeihaben...
Ich habe Face to Face dabei, oder „Frankie“, wie wir ihn im Stall nennen. Dieses Pferd liebe ich einfach. Er hat während meiner Karriere so viel für mich getan. Wir haben wirklich eine erstaunliche Partnerschaft aufgebaut und ich bin einfach begeistert davon, was er und ich im Sommer erreicht haben. Er ist ein großartiges Pferd für mich und ich kann nur Gutes über ihn sagen.
Das andere Pferd ist eine Stute namens Castelle [Van Het Beeckhof Z], sie gehört der Telsec Farm. Es ist für mich ein großes Glück, dass sie mir die Chance gegeben haben, sie zu reiten. Sie ist eine typische Stute, ein bisschen eigenwillig und will, dass alles immer nach ihren Vorstellungen läuft. Aber sie springt unglaublich und ich bin der Meinung, dass ihre Zukunft noch Großes bereithält.
Haben Sie junge Pferde, die Ihrer Meinung nach das Zeug zum Superstar haben?
Ich persönlich habe keine eigenen jungen Pferde, aber das Pferd, das Ben und Kelly mich zu Hause reiten lassen, heißt Macgyver und ist ein Vollbruder von Bens tollem Pferd Makavoy, das jetzt im Ruhestand ist und das Leben auf der Weide genießt. Er kommt langsam in Fahrt, und ich glaube wirklich, dass er über ein riesiges Potenzial verfügt.
Was ist der beste Rat, den Sie je bekommen haben?
Erst letzte Woche hat Ben zu mir gesagt, dass ich außerhalb der Turniere so hart gearbeitet habe, damit ich am Ende nur noch in den Parcours gehen und loslegen muss. Er hat gesagt, ich müsse auf die Arbeit und die Prozesse vertrauen und auf die unzähligen Stunden, die ich trainiert habe. Das wird sich im Parcours auszahlen. Ich muss einfach hineinreiten und daran glauben, dass ich jede Prüfung gewinnen kann.
Welchen positiven Beitrag leistet der Rolex Grand Slam Ihrer Meinung nach für den Springsport?
Er ist einfach toll und hat das Interesse der Menschen am Springsport neu entfacht. Ich hab die großen Veranstaltungen in Europa noch nicht selbst miterlebt. Hier zu sein und zu sehen, wie groß das Interesse der Öffentlichkeit ist und wie sehr sie sich für den Sport begeistert, ist großartig und wirklich gut für den Sport.
Was machen Sie abseits des Springreitens gerne?
Ich versuche, so viel wie möglich auf dem Bauernhof meiner Familie zu helfen. Ich liebe Eishockey und gehe im Winter so oft wie möglich zu den Spielen der Calgary Flames. Allgemein liebe ich einfach Sport.
(Photo: Spruce Meadows Media / Mike Sturk)
Sie müssen froh sein, dass die diesjährige Ausgabe des CSIO Spruce Meadows ‛Masters’ wieder mit voller Zuschauerkapazität stattfindet.
Auf jeden Fall, es ist wunderbar, wieder hier zu sein. Irgendjemand dort oben scheint uns wohlgesonnen zu sein, denn wir haben herrlichen Sonnenschein, wir haben fantastischen Sport, und es ist einfach traumhaft, dass all diese Elemente zusammenkommen.
Gibt es in diesem Jahr etwas Neues beim CSIO Spruce Meadows ‛Masters’?
Das Wichtigste, was wir in diesem Jahr eingeführt haben, waren die Reitvorführungen, ganz besonders wollten wir das Dressurreiten in den Vordergrund stellen. Ich bin der Meinung, dass man das Dressurreiten in Kanada wirklich fördern muss. Es ist ein sehr schnell wachsender Sport, er ist ausgesprochen elegant und ich habe den Eindruck, dass die Vorführungen den Zuschauern wirklich gefallen haben. Wir hatten zwei wunderbare Dressurreiter, die aus Kanada stammen und CDI-Sieger sind. Der eine ist gerade erst von den Weltmeisterschaften zurückgekehrt, der andere ein aufstrebender Reitsportler. Es war eher zum Vergnügen gedacht, doch die Pferde waren gut aufeinander abgestimmt und sie haben am Freitagabend eine wunderbare Leistung gezeigt. Außerdem sind sie als Auftakt für den CP ‚International‘, presented by Rolex geplant.
Welche Eigenschaften sind Ihnen bei Ihren Teammitgliedern wichtig? Was macht ein erfolgreiches Team aus?
Die entscheidendste Qualität ist, dass das Team zusammenarbeitet, in guten wie in schlechten Zeiten. Alle Mitglieder müssen sich hinsetzen und wirklich versuchen, Lösungen für die Probleme zu finden, die sich ihnen stellen und sie sollten diese Herausforderungen in Chancen verwandeln. Für mich ist das das Wesentliche.
Was raten Sie jemandem, der in die Sportveranstaltungsbranche einsteigen möchte?
Mein wichtigster Rat ist etwas, das nicht gerade meine Stärke ist: Geduld zu haben. Ich möchte die Menschen auch dazu ermutigen, sich Ziele zu setzen, sie klar vor Augen zu haben und immer auf sie hinzuarbeiten. Ich glaube, einer der wichtigsten Grundsätze für alle vier Grand Slam-Turniere ist, dass wir uns alle darauf eingestellt haben, auf lange Sicht am Ball zu bleiben. Es geht nicht um eine schnelle Lösung oder unmittelbare Ergebnisse, sondern darum, den Sport aufzubauen und sich für ihn zu engagieren, indem wir alle Beteiligten dafür gewinnen, seien es die Athleten, unsere Fans, unsere Sponsoren oder die Medien. Es geht darum, alle diese Elemente zusammenzuhalten und den Sport voranzubringen.
Was macht für Sie eine erfolgreiche Sportgroßveranstaltung aus?
Sie muss spannungsgeladen sein. Jedes der Rolex Grand Slam-Turniere ist einzigartig, jedes besticht durch eine andere Atmosphäre. Ich glaube, dass der Sport aktuell etwas monoton und gleichförmig wirkt. Das Masters im Golf unterscheidet sich von den US Open Championships und in der Formel 1 ist der Grand Prix von Monaco etwas anderes als der Grand Prix der Niederlande. Einzigartig zu sein und der eigenen Kultur und dem eigenen Charakter treu zu bleiben, ist ein wichtiger Bestandteil des Erfolgs. Ein weiterer Bestandteil sind die Spitzensportler, die man zu bieten hat. Und dann lässt man den Sport und den Wettbewerb ihre Wirkung entfalten, so dass man als Zuschauer die Intensität genießen und sich unterhalten und begeistern lassen kann. Wenn man alle diese Bestandteile zur Verfügung hat, ist einem der Erfolg der Veranstaltung sicher.
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