CHI Genf 2021: Achten Sie auf diese Reiter...
Nach fast zwei Jahren Wartezeit kehrt der mit Spannung erwartete CHI Genf vom 9. bis 12. Dezember zurück und repräsentiert damit das vierte und letzte Major des diesjährigen Rolex Grand Slam of Show Jumping. In der Arena des Palexpo wird erneut eine beeindruckende Anzahl von erstklassigen Pferd-Reiter-Paaren aufeinandertreffen, darunter die gesamte aktuelle Top 10 der Weltrangliste, 17 der aktuellen Top 20 sowie sieben Rolex-Markenbotschafter. Es ist nicht nur die 60. Ausgabe des Turniers, in Genf findet auch zum 20. Mal das Finale der Rolex IJRC Top 10 statt. Wie immer präsentiert sich der CHI Genf zudem äußerst international: Reiterinnen und Reiter aus 16 Nationen sind in diesem Jahr mit dabei, während die Schweiz mit beeindruckenden 19 Teilnehmern vor dem heimischen Publikum vertreten ist.
Nach seinem eindrucksvollen ersten Rolex Grand Prix-Sieg beim CHIO Aachen im September wird auch der neue Anwärter und aktuelle Weltranglistenzweite Daniel Deußer wieder mit dabei sein und in der Schweizer Hauptstadt erneut auf seiner talentierten Stute Killer Queen VDM seinen Ambitionen auf den Gewinn des Rolex Grand Slam of Show Jumping nachgehen. Der CHI Genf stellt seit jeher den absoluten Höhepunkt im Kalender der internationalen Hallenspringreitturniere dar und wird die Top-Reiter erneut vor eine der härtesten Prüfungen des Sports stellen, denn ein Gewinn des Rolex Grand Prix am Sonntag erfordert ein echtes Höchstmaß an Talent und Reitkunst.
Der Rolex Grand Slam of Show Jumping – ein Blick auf die Reiter
Der Schwede Peder Fredricson, die aktuelle Nummer eins der Weltrangliste, ist derzeit in Topform und dürfte sich gute Chancen beim letzten Major des Jahres ausrechnen. Der Mannschafts-Olympiasieger von Tokio 2020 und Einzel-Silbermedaillengewinner kann auf eine starke Auswahl talentierter Pferde zurückgreifen und wird derjenige sein, den es in Genf vor den reitsportkundigen Fans in der Arena des Palexpo zu schlagen gilt.
Sein Landsmann Henrik von Eckermann war diesen Sommer maßgeblich am Erfolg der schwedischen Olympiamannschaft in Japan beteiligt. Der aktuelle Weltranglistenzweite gewann kürzlich das Finale des Nations Cup in Barcelona auf seinem bewährten Sportpartner King Edward und wird seinem hervorragenden Jahr sicher noch mit einem Major-Sieg beim CHI Genf den passenden Abschluss verleihen wollen.
Der Olympiasieger Ben Maher wird seinen unglaublich talentierten Wallach Explosion W mit zum CHI Genf bringen. Der Brite, der im Mai dieses Jahres den Rolex Grand Prix auf der Royal Windsor Horse Show gewann, kann ebenfalls auf ein außergewöhnlich erfolgreiches Jahr zurückblicken, und dürfte erpicht darauf sein, dieses mit einem Sieg beim letzten Rolex Grand Slam-Major der Saison gebührend abzuschließen.
Als erster und einziger Reiter, der den Rolex Grand Slam of Show Jumping bisher gewinnen konnte, wird auch der Brite Scott Brash erneut beim CHI Genf antreten, um die Rolex Grand Prix-Krone zurückzuerobern. Brash ist mit den für einen Major-Sieg erforderlichen Feinheiten und Nuancen bestens vertraut und wird in Genf sicherlich auf seine besten Pferde setzen, um sich erneut eine Chance auf den Rolex Grand Slam of Show Jumping zu sichern.
Als einer der Favoriten der heimischen Zuschauer und Gewinner der letzten Ausgabe des Rolex Grand Prix beim CHI Genf im Jahr 2019 wird Rolex-Markenbotschafter Martin Fuchs versuchen, sich seinen Titel zu bewahren. Er tritt auf Leone Jei an, auf dem er bereits Team-Gold und Einzel-Silber bei den Europameisterschaften in Riesenbeck 2021 gewann. Der eindrucksvolle Schimmelwallach scheint das nötige Talent und Springvermögen mitzubringen, um diese Härteprüfung zu bestehen.
Die Fans werden sich auch freuen, seinen Schweizer Teamkollegen und Rolex-Markenbotschafter Steve Guerdat wieder in Genf begrüßen zu dürfen. Nach seinem spektakulären Sieg im diesjährigen CP ‚International‘ presented by Rolex beim Spruce Meadows ‚Masters‘, bei dem er im September auf Venard de Cerisy antrat, wird Guerdat auf seinen zweiten Major-Gewinn der Saison 2021 hoffen.
Kent Farrington, der bereits das Finale der Rolex IJRC Top 10 gewann ebenso wie den Rolex Grand Prix beim CHI Genf im Jahr 2017, weiß, was es für einen Sieg in dieser prestigeträchtigen Hallenarena braucht. Der US-Amerikaner wird ebenfalls alles daransetzen, seine Erfolgserie an diesem traditionsreichen Veranstaltungsort fortzusetzen. Zu dem Rolex-Markenbotschafter gesellen sich seine Landsleute Laura Kraut und Jessica Springsteen, die beide in diesem Jahr zahlreiche Erfolge erzielt haben, darunter einen Sieg im Nationenpreis beim CHIO Aachen.
Interview du prétendant au Rolex Grand Slam
Daniel Deusser
Wie ist es Ihnen ergangen, seit Sie im September den Rolex Grand Prix beim CHIO Aachen gewonnen haben?
Die ersten Wochen nach dem Sieg beim Rolex Grand Prix beim CHIO Aachen war ganz schön viel los. Ein Gewinn in dieser Prüfung ist etwas ganz Besonderes und ganz anders als bei anderen Großen Preisen. Viele Leute wollten mit mir Interviews und Fotoshootings machen; ich habe die ganzen Erfahrungen wirklich genossen. Aber leider wissen die Pferde nicht, dass ich einen der wichtigsten Großen Preise der Welt gewonnen habe, also sind wir recht schnell wieder zur Realität zurückgekehrt.
Als Deutscher beim CHIO Aachen zu gewinnen, war natürlich ein tolles Erlebnis. Aachen ist für mich etwas ganz Besonderes und die Fans stehen dort voll und ganz hinter einem. Wenn man in die Arena einreitet, ist es sehr laut, aber sobald die Glocke ertönt, ist es im Stadion mucksmäuschenstill – das ist ein ganz besonderes Gefühl.
Sie sind Anwärter auf den Rolex Grand Slam of Show Jumping – welche Strategie verfolgen Sie für den CHI Genf?
Ich werde auf jeden Fall Killer Queen VDM für den Rolex Grand Prix beim CHI Genf mitnehmen. Sie ist momentan mein bestes Pferd, allerdings würde ich nicht sagen, dass sie ein typisches Pferd für Hallenturniere ist. Aber sie ist schon vor zwei Jahren beim Rolex Grand Prix in Genf gesprungen und kennt daher die Arena. Ich habe sie vergangene Woche bei einem Turnier geritten, aber ich werde ihr jetzt zwei Wochen frei geben, denn bei ihr gibt es nicht viel zu trainieren und ich möchte, dass sie für den Rolex Grand Prix frisch ist. Ich denke, ich werde sie zu Beginn der Woche in einer Prüfung springen lassen und dann schauen, wie sie sich anfühlt. Dann werde ich entscheiden, ob sie vor dem Rolex Grand Prix noch in einer größeren Prüfung springen muss.
Welche anderen Pferde werden Sie zum CHI Genf mitnehmen und auf welche Ihrer Nachwuchstalente sind Sie besonders gespannt?
Ich habe mich noch nicht ganz entschieden. Ich bin mit Scuderia 1918 Tobago Z in Madrid gestartet. Im Sommer hatte er eine kurze Pause, da er sich verletzt hatte, aber er konnte bereits wieder bei einigen Turnieren starten. Ob er mit nach Genf geht, werde ich spontan entscheiden.
Ich habe zwei hervorragende Jungpferde, auf deren Zukunft ich sehr gespannt bin. Eines ist der neunjährige Mr. Jones [Scuderia 1918 Mr. Jones], den wir vor zwei Jahren gekauft haben. Wir setzen für die nächsten Jahre große Hoffnungen in ihn. Aufgrund von Corona hat er allerdings ein Jahr an Erfahrung eingebüßt, da er nicht bei sehr vielen Turnieren gesprungen ist – er ist also ein sehr junger Neunjähriger. Das zweite Pferd heißt In Time und ich habe es tatsächlich bisher noch nicht selbst auf einem Turnier vorgestellt. Einer unserer Stephex-Reiter hat ihn in den Jungpferde-Prüfungen geritten. Er ist erst acht, aber vielleicht nehme ich ihn trotzdem mit nach Genf. Ich möchte etwas Erfahrung mit ihm sammeln und mehr über ihn lernen. Ich denke, er hat jede Menge Potenzial.
Die Arena im CHI Genf ist ganz anders als die beim CHIO Aachen. Wie bereitet man sich darauf vor?
Ich habe nichts konkret geändert, aber natürlich trainieren wir in der Hallensaison andere Distanzen und Linien als für die Outdoor-Saison. So hat man in der Hallensaison viele kürzere Distanzen, die man im Freien auf einem großen Turnierplatz wie in Aachen zum Beispiel kaum sieht. Das ist etwas, das man trainieren muss, aber im Allgemeinen sind die meisten unserer Pferde gut ausgebildet und erfahren genug, dass es reicht, wenn man das ein oder zwei Mal vor der Hallensaison übt. Es ist eher ein Fitnessprogramm, denn die Pferde sehen während des Turniers nur die großen Hindernisse.
Sie haben ein großartiges Team hinter sich. Wie wichtig ist das für den Erfolg?
Ohne ein gutes Team kann man nicht erfolgreich sein. Man braucht ein zuverlässiges Team, das mitreist, das sich zuhause um die Pferde kümmert und auch im Büro alles erledigt. Ich bin fast jedes Wochenende unterwegs. Um erfolgreich zu sein, muss man ein großes Team aus Menschen und Pferden um sich haben und sie alle müssen zusammenpassen und zusammenarbeiten. Der Sport ist heute so komplex und eng getaktet,ich reise so viel, dass mein Team zu Hause genauso wichtig ist wie meine Leistung im Sattel.
Sean Lynch ist mein Hauptpferdepfleger und arbeitet seit rund sieben Jahren für mich. Ich vertraue ihm hundertprozentig, was sehr wichtig ist, wenn er mit unseren Spitzenpferden unterwegs ist. Er macht alles mit den Pferden und er spielt eine sehr wichtige Rolle in meiner Karriere. Ohne ihn wäre mein Erfolg nicht möglich. Er liebt die Pferde. Man muss in diesem Job auch schon mal rund um die Uhr arbeiten, denn wenn etwas mit den Pferde nicht in Ordnung ist, ist er für sie da und tut alles für sie.
Wie sehen Ihre Pläne, Träume und Ziele für 2022 aus?
Als Anwärter hoffe ich natürlich, den Rolex Grand Prix beim CHI Genf zu gewinnen, um mich dann auf den Gewinn des Rolex Grand Slam of Show Jumping konzentrieren zu können. Auch wenn ich in Genf nicht erfolgreich bin, werde ich im nächsten Jahr trotzdem versuchen, einen weiteren Rolex Grand Prix zu gewinnen. Abgesehen von Scott [Brash] konnte niemand zwei oder drei dieser Spitzenprüfungen in Folge gewinnen, also ist es definitiv ein wichtiges Ziel für die nächste Saison.
Worauf sind Sie in Ihrer Karriere besonders stolz?
Von einem Sieg beim Rolex Grand Prix in Aachen habe ich bereits sehr lange geträumt, eigentlich schon als Kind. Diesem Erfolg sehr nahe kommt der Gewinn des Weltcupfinales auf meinem ehemaligen Pferd Cornet d'Amour. Er war eines der Pferde, mit dem ich mir erstmals im Ausland einen Namen machen konnte, und ich habe meine ersten Erfahrungen bei Meisterschaften auf ihm gesammelt und die ersten Erfolge gefeiert. Das ist ein Moment, auf den ich genauso stolz bin, wie auf den Gewinn des Rolex Grand Prix.
Ebenso wie Tennis und Golf hat auch das Springreiten seinen eigenen Grand Slam. Welche der anderen großen Turniere verfolgen Sie und welches ist Ihr Favorit und warum?
Ich bin ein sehr sportlicher Mensch, deshalb schaue ich mir gerne jede Sportart an. Meine drei Favoriten neben dem Springreiten sind Tennis, Fußball und Formel 1. Ich finde es sehr schwierig, nur eine Sportart zu wählen, die ich am liebsten sehe. Ich habe eigentlich keine Lieblings-Fußballmannschaft, aber vor ein paar Jahren hat mich ein Freund dazu gebracht, mich für Borussia Dortmund zu begeistern. Ich war bei einigen Champions League-Spielen mit dabei und die Stimmung im Stadion ist schon unglaublich. Es ist ein toller Sport.
Wer hat Sie im Laufe Ihrer Karriere am meisten inspiriert? Haben Sie irgendwelche Idole unter den Reitern?
Als ich als Kind bei den großen Turnieren war, um die weltbesten Springreiter zu sehen, gab es nur zwei Pferd-Reiter-Paare, denen ich wirklich gerne zugesehen habe. Das eine war John Whitaker auf Milton und das andere war Franke Sloothaak auf Walzerkönig. Ich hatte ein paar Jahre später das große Glück, für Franke Sloothaak arbeiten zu dürfen, was ich viereinhalb Jahre getan habe. Ich habe immer noch Kontakt zu ihm. Auch wenn er nicht gerade um die Ecke wohnt, ist er immer noch eine große Stütze für mich und gibt mir Ratschläge am Telefon. Er verfolgt alle meine Turniere und ich muss sagen, dass er ein wichtiger Teil meines Erfolgs ist.
Was motiviert Sie und macht Sie so erfolgshungrig?
Ich bin einfach von Natur so, dass ich immer gerne einen Schritt weiter gehe und gerne gewinne. Als Springreiter nehmen wir an vielen Turnieren teil und es gibt in der Regel viel Konkurrenz in den Prüfungen, bei denen jeweils nur einer siegen kann. Man kann also nicht immer gewinnen und ein zweiter oder dritter Platz ist sicher auch nicht tragisch. Aber wenn man nicht gewinnt, geht man die Runde im Kopf immer wieder durch und fragt sich, was man hätte besser machen können. Aber auch wenn ich nicht gewinne, bin ich am Montagmorgen wieder voll motiviert. Ich lerne aus dem, was besser hätte laufen können, und ich sehe jedes Turnier als Möglichkeit, mehr Erfahrung zu sammeln, damit ich es bei der nächsten Prüfung besser machen kann.
Wie lautet der beste Ratschlag, den Sie jemals erhalten haben?
Zunächst einmal braucht man Erfahrung. Wenn man jung ist, kann man einfach nicht immer in Bestform sein. Dafür muss man reifer werden und aus seinen Erfahrungen lernen. Ich denke, das Wichtigste ist Geduld. Das habe ich von Franke [Sloothaak] gelernt. Er war stets sehr ruhig und gelassen im Sattel, auch wenn das Pferd während der Woche sehr schwierig gewesen ist. Und für seine Geduld und wurde er immer mit guten Leistungen beim Turnier belohnt. Wenn man zu jung und übereifrig ist, ist das manchmal schwierig. Für mich ist es sehr wichtig, einfach geduldig zu sein und aus vergangenen Fehlern zu lernen. Man muss die Grundlagen richtig hinbekommen, sowohl für sich als Reiter als auch für sein Pferd, wenn man erfolgreich sein will.
Welche drei Dinge würden Sie mitnehmen, wenn Sie auf einer einsamen Insel gestrandet wären?
Wenn ich mein Haus ohne Handy, Uhr und Portemonnaie verlasse, fehlt mir definitiv etwas – also müsste ich wohl diese drei Dinge mitnehmen.
Meet the Next Gen mit:
Lily Attwood
Wie sehen Ihre Pläne, Träume und Ziele für 2022 aus?
Ich konnte mich kürzlich in der Rangliste nach oben arbeiten, werde aber aufgrund meiner Verletzung wohl wieder einige Plätze nach unten rutschen. 2022 möchte ich vor allem an ein paar Weltcupspringen teilnehmen und auf 5*-Niveau aufsteigen. Das war dieses Jahr aufgrund der Coronapandemie und angesichts der großen Konkurrenz auf diesem Niveau nicht einfach. Ich möchte auch meine Auswahl an Pferden weiter aufbauen, denn ich habe ein paar wirklich vielversprechende Nachwuchspferde. Mit meinen drei älteren Pferden war ich in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich, also würde ich gerne mit ihnen in die nächste Stufe aufsteigen.
Erzählen Sie uns mehr über die Pferde in Ihrem Stall...
Meine zwei Top-Pferde reite ich seit zweieinhalb Jahren. Ich habe sie direkt gekauft, als ich von den Ponys auf Großpferde umgestiegen bin – sie sollten eigentlich nur bis zu 1,35 Meter springen, damit ich ein wenig Erfahrung beim Reiten von Pferden sammeln und auch ein paar längere Parcours absolvieren konnte. Aber ich hatte Glück und beide haben sich als wirklich talentiert erwiesen. Ich konnte mit ihnen sogar auf 4* Grand Prix-Niveau gewinnen. Beide haben mir geholfen, mir einen Namen zu machen und mir wertvolle Erfahrung in den größeren Prüfungen anzueignen.
Gerade habe ich mit Lee May eine neue Sechsjährige bekommen, die wir von Richard Howley gekauft haben. Ich habe sie mit nach Vilamoura genommen und sie sprang in acht von neun Umläufen fehlerfrei. Ich bin also sehr zufrieden mit ihr gewesen, besonders da sie immer noch sehr unerfahren ist. Sie hat bei dem Turnier viel gelernt; sie ist sehr vorsichtig und hat einen fantastischen Charakter. Ich möchte es mit ihr aber langsam angehen lassen, damit sie sich weiterentwickeln und hoffentlich dann als Siebenjährige durchstarten kann.
Welche drei Prüfungen oder Turniere möchten Sie in Ihrer Karriere besonders gewinnen?
Auf jeden Fall den Rolex Grand Prix beim CHIO Aachen – der steht sicher bei allen Reitern ganz oben auf der Liste. Allein dort teilzunehmen, wäre schon eine unglaubliche Erfahrung. Ich trete auch gerne für mein Land an und reite im Team, also wären eine Medaille bei den Europameisterschaften der Senioren und eine olympische Medaille meine nächsten beiden Ziele.
Worauf sind Sie in Ihrer Karriere besonders stolz?
Dieses Jahr habe ich eine Bronzemedaille bei den Europameisterschaften der Jungen Reiter gewonnen. Das war natürlich ein unglaublicher Erfolg. Aber am meisten stolz bin ich wohl auf den Moment, als ich gerade auf Pferde umgestiegen war und in Amsterdam an einem Turnier für Nachwuchsreiter teilgenommen habe. Ich habe eigentlich gar keine großen Erwartungen gehabt, schließlich habe ich das Pferd erst seit einem Monat geritten. Dennoch ist es mir gelungen, den Großen Preis zu gewinnen. Es war der Beginn meiner Karriere. In diesem Moment war ich mir sicher, dass ich das für den Rest meines Lebens machen will: Die großen Springen vor einem großen Publikum zu gewinnen, das ist einfach ein fantastisches Gefühl. Ein weiterer unbeschreiblicher Moment war für mich, als ich mit 18 Jahren für das Nationenpreis-Team der Senioren ausgewählt zu werden. Somit habe ich seit dem Umstieg auf Großpferde schon einige tolle Erfolge feiern dürfen. Das wäre sicher nicht ohne die Hilfe meines Trainers, Guy Williams, möglich gewesen.
Wie wichtig ist es für Ihre Karriere, einen Mentor wie Guy Williams zu haben?
Ich halte das für sehr wichtig. Als junger Reiter fehlt einem einfach das Wissen und man kann auch nicht alles alleine schaffen – man braucht ein sehr gutes Team um sich herum. Ich habe mehr erreicht, als ich es in diesem Alter erwartet hätte, und das habe ich Guy zu verdanken. Es geht nicht nur darum, auf dem Pferderücken zu brillieren – es ist genauso wichtig, ein guter Pferdekenner zu sein, wenn man nicht auf dem Pferd sitzt. Er hat mir beigebracht, wie ich mit meinen Pferden umgehen muss – sozusagen von den Hufen bis zum Hafer. Was ich von ihm und seiner Pferdepflegerin Nat gelernt habe, ist von unschätzbarem Wert. Es geht um mehr als nur das Reiten. Man muss sich richtig um die Pferde kümmern, wenn man erfolgreich sein will.
Wie lautet der beste Ratschlag, den Sie jemals erhalten haben?
Man muss sich darüber im Klaren sein, dass es in 99,9 Prozent der Fälle nicht die Schuld des Pferdes ist, wenn etwas schief geht. Daher darf man nicht wütend auf sie sein. Man darf sich von einem schlechten Durchgang nicht frustrieren lassen. Stattdessen muss man nur tief durchatmen, vom Platz reiten, das Pferd abtraben und dann beim nächsten Mal sehen, was man besser machen kann. Pferde sind keine Maschinen und können nur das tun, was du ihnen sagst. Auf dem Pony war ich ziemlich hitzköpfig, bis Guy mir beigebracht hat, ruhiger zu werden, und das bin ich heute auch. Man darf seinen Ärger nach einem schlechten Durchgang nicht am Pferd auslassen, auch wenn man frustriert ist.
Wer hat Sie im Laufe Ihrer Karriere am meisten inspiriert?
Ich habe vor kurzem Michael und John [Whitaker] besser kennengelernt und beide sind definitiv eine Inspiration. Sie sind echte Pferdekenner und Reittalente und ich schaue mir ihre Runden immer an. Ich habe John vergangene Woche bei einem Turnier gesehen und es war wie ein Gedicht: Er lässt es so mühelos aussehen – als würde er gar nichts tun müssen!
Was motiviert Sie und macht Sie so erfolgshungrig?
In diesem Jahr habe ich es fast in das 5*-Springen bei der Royal Windsor Horse Show und das Weltcupspringen bei der London International Horse Show geschafft. Ich habe beide Prüfungen nur ganz knapp um einen Platz verpasst, was mich sehr geärgert hat. Aber andererseits motiviert es mich dazu, die Rangliste zu erklimmen und im nächsten Jahr besser abzuschneiden. Es sind so tolle Turniere und gerade die Veranstaltungen vor meinen heimischen Fans treiben mich dazu an, mich in der Rangliste nach oben zu kämpfen, damit ich nächstes Jahr dort antreten kann.
Wie viel Auftrieb gibt es Ihnen, dass wieder Fans bei den Veranstaltungen dabei sind?
Das ist natürlich ein echter Motivationsschub bei einem Turnier. Mein erstes Springen vor einem richtigen Publikum war in Valence und das war etwas ganz Besonderes. Vor kurzem war ich zudem auf der Horse of the Year Show, die sich als Hallenturnier mit vollen Rängen durch eine fantastische Stimmung auszeichnet. Als Reiter lieben wir es, die Fans wiederzuhaben, denn du bekommst dadurch nochmal einen zusätzlichen Adrenalinschub und es treibt dich wirklich zur Höchstleistung an. Ohne sie war es schon schwierig.
Natürlich lassen sich einige Pferde von den Zuschauermassen auch beeinflussen. Mein Spitzenpferd ist sehr schreckhaft und empfindlich. Er hat Angst vor allem, sodass ich ihn manchmal noch nicht einmal über die Hindernisse zu Hause bekomme. Bei der Horse of the Year Show ist er nicht sehr gut gesprungen, denn wegen Corona gab es zwischenzeitlich keine größeren Hallenturniere. Er war die Lichter und Menschenmenge also einfach nicht mehr gewöhnt. Es gibt aber sicher auch Pferde, die vor Publikum besser zu reiten sind, die bei wichtigen Turnieren mit großen Zuschauerzahlen über sich hinauswachsen. Da ist jedes Pferd anders.
Welchen positiven Beitrag leistet der Rolex Grand Slam Ihrer Meinung nach für den Springsport?
Er ist wirklich toll. Natürlich träumt jeder Reiter davon, ihn einmal zu gewinnen. Für mich hat er das Springreiten auf ein höheres Niveau gehoben. Ich denke auch, dass der Rolex Grand Slam den Sport für die breite Öffentlichkeit zugänglicher gemacht und seine internationale Bekanntheit gesteigert hat. Schließlich verfolgen die meisten gerne einen Sport auf höchstem Niveau, bei dem es um viel geht. Der Rolex Grand Slam vereint die besten Grand Prix der Welt und hat eine neue Ära für den Reitsport eingeläutet. Ich denke, dass Daniel Deußer und Killer Queen VDM gute Chancen haben, als nächster Gewinner des Rolex Grand Slam Geschichte zu schreiben – sie sind in diesem Jahr in fantastischer Form.