Mittendrin im Rolex Grand Slam: Donnerstag, 1. September

(Photo: Rolex Grand Slam / Ashley Neuhof) (Photo: Rolex Grand Slam / Ashley Neuhof)

Der Rolex Grand Slam of Show Jumping kehrt vom 7. bis 11. September 2022 zum CSIO Spruce Meadows 'Masters' zurück, wobei das CP ‘International’, presented by Rolex, am Sonntag einen spannenden Abschluss der funf Tage mit herausragendem Sport bietet. In den Ausläufern der Rocky Mountains in Calgary, Alberta, begrüßt das Turnier die weltbesten Pferd- und Reiterpaare an einem Ort, der oft als die führende Veranstaltungsstätte für Pferdesport in Nordamerika angesehen wird.

Rolex Grand Slam of Show Jumping – Ein Blick auf die Reiter

Nach seinem spektakulären Sieg beim CHIO Aachen mit Ben 431 wird Gerrit Nieberg als Anwärter auf den Rolex Grand Slam of Show Jumping beim CSIO Spruce Meadows 'Masters' mit dabei sein. Das Duo wird die Reise über den Atlantik zu diesem berühmten Austragungsort zum ersten Mal antreten und möchte den Schwung des Sieges vom CHIO Aachen mitnehmen, um seinem Traum vom Sieg im Rolex Grand Slam of Show Jumping einen weiteren Schritt näher zu kommen. 

Zu Nieberg gesellen sich eine Reihe weiterer Pferd-Reiter-Paare von Weltklasse-Format. Drei der schwedischen Goldmedaillengewinner der FEI-Weltmeisterschaften kommen mit ihren Medaillenpferden nach Calgary. Jens Fredricson, Peder Fredricson und Henrik von Eckermann werden allesamt versuchen, ihren ersten Sieg beim CP ‘International’, presented by Rolex zu erringen. Von Eckermann und King Edward gehen als heiße Favoriten in das dritte Rolex Grand Slam Major des Jahres, nachdem sie in Herning auch die Goldmedaille im Einzel gewonnen haben. Auch Peder Fredricson, der in den letzten zwei Monaten den Rolex Grands Prix in Knokke sowie den Rolex Grand Prix beim Brüsseler Stephex Masters gewonnen hat, zählt ebenso zum Kreis der Favoriten. Die beiden Schweden werden sehr zuversichtlich an den Start gehen und versuchen, ihre Topform auch in Calgary unter Beweis zu stellen.

Von den sechs Rolex Testimonees, die beim CSIO Spruce Meadows 'Masters' antreten, wird der aktuelle Weltranglistenzweite Martin Fuchs die Richtung vorgeben. Der Schweizer, der mit dem Gewinn des Rolex Grands Prix beim CHI Genf in den Jahren 2019 und 2021 Geschichte geschrieben hat, hofft, sich den Rolex Grand Slam of Show Jumping-Bonus für den Sieg bei zwei der vier Majors zu sichern. Fuchs hatte bisher eine phänomenale Saison 2022, in der er das FEI World Cup™ Finale und den Rolex Grand Prix beim Jumping International de Dinard für sich entscheiden konnte.

Sein Landsmann Steve Guerdat, kehrt als Vorjahressieger des CP ‘International’, presented by Rolex, zum CSIO Spruce Meadows 'Masters' in den beeindruckenden Internationalen Ring zurück und wir alles daran setzen, seinen Titel zu verteidigen. Der stets ehrgeizige Guerdat ist der ultimative Horseman und kann in den großen Momenten immer das Beste aus seinen Pferden herausholen. Da er weiß, was es für den Sieg braucht, bringt er zum dritten Rolex Grand Slam of Show Jumping Major des Jahres zwei seiner Spitzenpferde (Venard de Cerisy und Taina M&M) mit. Zu Fuchs und Guerdat gesellt sich mit ihrem FEI-WM-Teamkollegen Edouard Schmitz das nächste Schweizer Nachwuchstalent. Der junge Reiter ist dabei, sich als einer der spannendsten Nachwuchs-Reiter im Sport zu etablieren, nachdem er kürzlich den Internationalen Großen Preis von Irland bei der Dublin Horse Show gewonnen hat.

Kent Farrington, der regelmäßig in Calgary antritt, und sein Team haben den Vorteil, dass sie die Plätze kennen, und vor allem weiß der US-Amerikaner, wie man dort gewinnen kann. Im Juli fügte er zu seiner Liste von Siegen mit Orafina im Jayman BUILT Cup beim nordamerikanischen CSI 5*-Turnier, das an diesem Veranstaltungsort stattgefunden hat, einen weiteren Erfolg hinzu. Letztes Jahr wurde Farrington Zweiter beim CP ‘International’, presented by Rolex, und hofft, dieses Jahr noch besser abzuschneiden.

Der britische Reiter Scott Brash hat mit Sicherheit die besten Erinnerungen an diesen Ort, da er 2015 hier zum Sieger des Rolex Grand Slam of Show Jumping gekürt wurde. Brash ist immer noch der einzige Reiter, der diesen schwer zu holenden Titel gewonnen hat, und er ist zweifacher Sieger des CP ‘International’, presented by Rolex. Nach seiner starken Leistung beim Rolex Grand Prix beim CHIO Aachen, wo er Zweiter wurde, und dem Gewinn von Mannschaftsbronze in Herning wird er die Reise nach Calgary voller Zuversicht antreten.

Das heimische Publikum wird sich freuen, eine Reihe kanadischer Reiter begrüßen zu können. Tiffany Foster, die bestplatzierte kanadische Reiterin bei den FEI-Weltmeisterschaften, wird von Erynn Ballard und Amy Millar begleitet. Der letzte kanadische Sieger in dieser Prüfung war Ian Millar auf Dixson im Jahr 2014. Diese talentierten Reiter werden also alles daran setzen, den begehrten Titel wieder in ihr Heimatland zu holen. Auch die Kanadier haben einen Trumpf im Ärmel, denn ihr neuer Chef d'Equipe Eric Lamaze, der die Prüfung 2007 gewonnen hat, ist vor Ort und stellt als Coach sein Fachwissen zur Verfügung.

Die Niederlande werden von Harrie Smolders vertreten, der Darry Lou als Partner mitbringen wird. Der 14-jährige Fuchshengst ist das ehemalige Pferd der amerikanischen Reiterin Beezie Madden, die 2019 die prestigeträchtige Prüfung gewonnen hat. Die begeisterten Zuschauer werden sich zweifellos fragen, ob der Niederländer den Erfolg auf diesem talentierten Pferd wiederholen kann. Ebenfalls zur starken europäischen Präsenz auf dem Turnier trägt Max Kühner bei, der seinen bewährten Partner Elektric Blue P sowie den talentierten Eic Coriolis Des Isles mitbringt. Auch der Franzose Kevin Staut wird die Reise zum CSIO Spruce Meadows 'Masters' antreten. Staut, der in den letzten Jahren zahlreiche 5*-Grands Prix für sich entscheiden konnte, ist in dieser Prüfung noch nicht siegreich gewesen. Mit dabei ist auch sein Rolex Testimonee-Kollege Daniel Deusser, der bereits den Rolex Grand Prix beim CHIO Aachen 2021 sowie den Rolex Grand Prix bei den The Dutch Masters 2022 gewonnen hat.

Jérôme Guery wird die starke belgische Truppe in Kanada anführen. Neben Guery, der bei den FEI-Weltmeisterschaften die Silbermedaille im Einzel gewonnen hat, werden nicht weniger als vier Mitglieder der Familie Philippaerts erwartet. Ludo Philippaerts wird von drei seiner Söhne begleitet, darunter Olivier, der vor zehn Jahren den CP ‘International’, presented by Rolex gewonnen hat, Nicola, der die talentierte Stute Katanga V/H Dingeshof mitbringt, mit der er in der vergangenen Saison Dritter beim Rolex Grand Prix beim CHIO Aachen wurde, und Thibault, der kürzlich Einzel-Silber und Mannschafts-Gold bei den FEI-Meisterschaften der Jungen Reiter holte.

Der Parcoursdesigner Leopoldo Palacios wird versuchen, den am CP 'International', presented by Rolex teilnehmenden Pferden und Reitern eine faire und dennoch anspruchsvolle Aufgabe zu bieten. Die Suche nach dem nächsten Sieger des Rolex Grand Slam of Show Jumping geht an diesem historischen Ort weiter. Das Teilnehmerfeld ist so hochkarätig wie nie und jeder Reiter wird alles geben, um am Tag des Finales die berühmte Trophäe in die Höhe stemmen zu können.

(Photo: Jacques Toffi) (Photo: Jacques Toffi)

Interview mit Anwärter

Gerrit Nieberg

Wie fühlt es sich an, Anwärter auf den Rolex Grand Slam of Show Jumping zu sein?

Es ist ein echtes Privileg, Anwärter auf den Rolex Grand Slam of Show Jumping zu sein. Das war schon immer ein Traum von mir und ich habe immer zu den anderen Reitern aufgeschaut, die das geschafft haben. Nach meinem Sieg beim Rolex Grand Prix in Aachen hat es etwa eine Woche gedauert, bis ich begriffen habe, dass ich tatsächlich der Anwärter bin!

Wie sehen Ihre Ziele, Träume und Ambitionen für 2022 aus?

Ich würde gerne mit den Rolex Grand Slam Turnieren in Spruce Meadows und dann in Genf weitermachen. Das hatte ich ursprünglich nicht geplant, weil ich aufgrund meines früheren Weltranglistenplatzes nicht an diesen Turnieren hätte teilnehmen können. Aber jetzt, wo ich die Chance habe, bei diesen Turnieren zu starten, will ich mein Bestes geben und alles tun, um diese Entwicklung beizubehalten.

Wann hat Ihre Liebe zum Springreiten begonnen und wer hat Sie im Laufe Ihrer Karriere am stärksten inspiriert?

Ich habe erst mit 13 Jahren angefangen zu reiten. Davor habe ich mich mehr für andere Sportarten wie Fußball interessiert. Allerdings bin ich durch meine Eltern mit Pferden aufgewachsen, so dass ich immer mit Pferden zu tun hatte. Und eines Tages habe ich beschlossen, es einfach mal auszuprobieren.

Meine Liebe zum Springreiten hat sich dann schnell eingestellt, eine Woche nachdem ich mit dem Reiten begonnen hatte, war es für mich beschlossene Sache, dass ich ein professioneller Springreiter werden wollte. Von diesem Moment an habe ich jeden Tag hart gearbeitet und trainiert, um diesen Traum zu verwirklichen.

Als ich jung war, war mein Vater die Person, die mich am meisten inspiriert hat, weil er so viel Erfahrung und Erfolg hatte. Ich habe immer davon geträumt, so gut zu sein wie er – und vielleicht eines Tages sogar noch ein bisschen besser! Ich schaue immer noch sehr zu ihm auf, wenn es darum geht, wer er ist und wie viel er jeden Tag arbeitet. Obwohl er nicht mehr an Turnieren teilnimmt, sitzt er immer noch jeden Tag zu Hause auf dem Pferd. Seine Motivation und Unterstützung bei allem, was ich tue, ist einfach toll und sehr inspirierend.

Erzählen Sie uns ein wenig über Ben 431. Wie ist sein Charakter? Wie ging es ihm nach dem CHIO Aachen?

Ich muss zugeben, dass Ben 431 wirklich übermotiviert ist. Es kann manchmal ziemlich schwierig sein, ihn zu handeln und ruhig zu halten, aber das ist auch etwas sehr Positives, denn es bedeutet, dass er immer für einen kämpft und versucht, immer sein Bestes zu geben. Er ist unermüdlich. Zum Beispiel war er nach drei Umläufen beim CHIO Aachen nicht müde und hätte noch ein oder zwei mehr gehen können. Nach dem Sieg in Aachen hat er auch verstanden, dass er etwas Besonderes geleistet hat. Es gab viele Pressetermine, so dass er viel Aufmerksamkeit bekommen hat – sogar mehr als vorher. Jetzt schaut er ständig aus seinem Fenster, um noch mehr Aufmerksamkeit zu bekommen, und ich glaube, er fühlt sich ein bisschen wie ein Superstar!

Welche Leckerlis mag Ben 431, wenn er erfolgreich ist?

Äpfel von den Bäumen am Stall!

Mit welchen Pferden werden Sie beim Spruce Meadows ‘Masters’ antreten, und wen haben Sie für das CP ‘International’, presented by Rolex ausgewählt?

Ich werde mit Ben 431 und Blues d'Aveline antreten, der auch beim CHIO Aachen am Start war und in Hamburg platziert war. Ben wird auf jeden Fall mein Partner beim CP 'International', presented by Rolex sein.

Ist Ben 431 ein guter Reisender auf langen Strecken?

Bisher ist er einmal im Jahr nach Doha geflogen und hatte damit eigentlich keine Probleme. Alles verlief reibungslos und unkompliziert, so dass es auf dem Weg nach Calgary keine Probleme geben dürfte.

Erzählen Sie uns mehr über die Pferde in Ihrem Stall und deren Charakter … Auf welches Ihrer Nachwuchspferde freuen Sie sich am meisten?

Es gibt viele aufregende junge Pferde, aber es ist immer schwer zu sagen, wer den Übergang in den anspruchsvolleren Teil des Sports am besten meistern wird. Ich würde sagen, dass ich besonders von Amigo 1841 begeistert bin, er jetzt neun Jahre alt ist. Ich hoffe wirklich, dass er den Schritt auf das nächste Niveau schafft.

Wie wichtig ist Ihr Team für Sie – Ihr Pfleger, Ihr Hufschmied, Ihr Coach, Ihr Tierarzt, die Besitzer?

Mein Team ist ungemein wichtig. Es geht ja nicht nur um Ben und mich. Wir sind zwar 80 Sekunden lang gemeinsam im Parcours unterwegs, aber es gibt so viel Arbeit, die hinter den Kulissen abläuft. Das gesamte Team spielt eine Schlüsselrolle dabei, dass wir in diesen 80 Sekunden im Parcours Erfolg haben. Oft wird nur über den Reiter und das Pferd gesprochen, aber drum herum gibt es noch so viele mehr. Alle anderen sind genauso wichtig, wenn nicht sogar noch wichtiger. Sie sind die wahren stillen Helden.

Gut Berl scheint ein echter Familienbetrieb zu sein. Erzählen Sie uns ein wenig darüber?

Gut Berl wird von Hendrik Snoek, dem ehemaligen deutschen Springreiter, geleitet, und wir arbeiten dort alle für ihn. Auch wenn das Gut Hendrik gehört, so ist es doch auch ein Familienbetrieb. Wir haben eine wirklich gute Partnerschaft und Beziehung, worüber ich sehr froh bin. Außerdem ist es toll, die Chance zu haben, diese Art von Pferden zu haben und an großen Turnieren teilnehmen zu können.

Hendrik ist der Stallbesitzer und der Eigentümer der meisten meiner Pferde. Pferde wie Ben gehören jedoch zu halben Teilen Hendrik und meinem Vater. Im Stall stehen noch einige andere Pferde, die mehrere Besitzer haben.

Was motiviert Sie und macht Sie so erfolgshungrig?

Ganz einfach: es ist der Erfolg, der mich motiviert! Es ist wichtig, ein Ziel zu haben. Ich liebe das Reiten, aber ich weiß nicht, ob ich es ohne den Wettkampf-Aspekt, die Turniere und etwas, auf das ich hinarbeiten kann, tun könnte. Veranstaltungen wie Aachen sind das, worauf ich jeden Tag hinarbeite, und die Möglichkeit, dort anzutreten, motiviert mich ungemein. Ich arbeite so hart wie eh und je daran, weitere Momente wie diesen genießen zu können.

Werden Sie durch Initiativen wie den Rolex Grand Slam noch mehr motiviert, zu gewinnen?

Natürlich. Der Rolex Grand Slam ist so traditionell und einzigartig. In unserem Sport gibt es jedes Jahr so viele Turniere, der Rolex Grand Slam ist definitiv ein Highlight, da er aus vier der besten Events überhaupt besteht. Jeder würde gerne einmal bei einem der Turniere des Rolex Grand Slam gewinnen. Er gilt unter uns Reitern und innerhalb des Sports als eine wirklich wichtige Initiative.

Ebenso wie Tennis und Golf hat auch das Springreiten seinen eigenen Grand Slam. Welche der anderen großen Sportveranstaltungen sehen Sie sich gerne an? Welche gefällt Ihnen am besten und warum?

Leider habe ich nicht die Zeit, allzu viele andere Sportarten anzuschauen, aber wenn, dann schaue ich sehr gerne Tennis. Mein Lieblingsspieler ist Roger Federer.

Wie lautet der beste Ratschlag, den Sie jemals erhalten haben?

Dass man immer an sich selbst glauben soll. Dieser Ratschlag ist so wichtig für die eigene mentale Einstellung – insbesondere für das Selbstvertrauen und wie man generell über alles denkt. Ebenso sollte man auch immer an seine Pferde glauben. Außerdem ist es wichtig, so viele verschiedene Pferde wie möglich zu reiten. Das ist der beste Weg, um reiten zu lernen, Erfahrungen zu sammeln und ein Verständnis für die Pferde zu entwickeln.

(Photo: Spruce Meadows Media) (Photo: Spruce Meadows Media)

Vet-check mit

Dr Dan French

Was ist Ihre Aufgabe beim CSIO Spruce Meadows 'Masters'?

Ich bin 1988 nach meinem Studium an Bord gekommen und seither der ansässige Tierarzt. Ich bin auf den vielen Turnieren, die hier veranstaltet werden, tätig, darunter auch bei dem 'Masters', und während der Sommersaison kümmere ich mich um die 900 Pferde, die wir in diesen sechs Wochen auf dem Gelände haben. Was meine derzeitige Arbeit betrifft, so definiert die FEI meine Rolle beim Spruce Meadows  'Masters' als Leiter des Veterinärdienstes. Das ist eine Aufsichtsfunktion in Zusammenarbeit mit dem Organisationskomitee, die dabei hilft, die anreisenden Delegierten und die Veterinärkommission zu koordinieren, um sicherzustellen, dass Anlage, chirurgische Versorgung und Behandlungsbereiche für die Turniere bereit sind. Im Grunde genommen bin ich als verantwortlicher Tierarzt für die Behandlungen zuständig und nicht für die Kommission.

Haben Sie bereits bei anderen internationalen Pferdesportveranstaltungen gearbeitet?

Zu Beginn meiner Laufbahn wurde ich als Teil des Behandlungsteams zum Weltcup-Springfinale in Las Vegas eingeladen. Das war zum Höhepunkt des Weltcups, als dieser alle zwei Jahre stattfand, und ich war bei zwei oder drei dieser Sessions dabei. Abgesehen davon war ich bei keinem anderen internationalen Turnier tätig – mein Fokus liegt hauptsächlich auf Spruce Meadows.

Wie wichtig ist die Ernährung für das Wohlergehen eines Pferdes?

Die Ernährung ist nur ein Glied in der Kette. Pferde können erstaunlich viel verstoffwechseln. Solange wir also für eine gute, gleichbleibende Ernährung sorgen, sollte es ihnen gut gehen. Ich glaube, das Schwierigste für international aktive Pferde ist nicht die komplizierte Ernährung, sondern die Umstellung der Ernährung auf den Reisen von Turnier zu Turnier. Wenn sie von Veranstaltungsort zu Veranstaltungsort reisen, kann es schwierig sein, eine gleichbleibende Ernährung oder Futterbezugsquelle beizubehalten. Wenn man sich unsere international aktiven Pferde ansieht, die mit dem Flugzeug ankommen und lange Transportzeiten hinter sich haben, stellt man fest, dass es eine Eingewöhnungsphase gibt, und einige unserer schwierigsten Fälle waren auf eine mangelnde Anpassung an das neue Futter zurückzuführen. Alberta zum Beispiel ist bekannt für hochwertiges Getreide und Raufutter, im Gegensatz zu Europa, wo es wirklich gutes Grünfutter gibt, so dass die europäischen Pferde manchmal Schwierigkeiten haben, sich daran zu gewöhnen. Die derzeitigen staatlichen Auflagen bedeuten, dass wir das gesamte Getreide der europäischen Pferde wegwerfen und sie auf ein völlig neues Futter umstellen müssen, sobald sie in unsere Obhut kommen. Das alles findet in einer sehr konzentrierten Zeitspanne statt, vielleicht höchstens innerhalb von 10 Tagen, so dass es für die Tiere eine große Umstellung sein kann, mit der wir vorsichtig umgehen müssen. Unser Hauptziel ist immer, sie einzugewöhnen, ohne dass es zu abdominellen Problemen kommt. In den ersten Tagen drücken wir immer die Daumen, denn wenn es zu Beschwerden kommt, haben wir nur sehr begrenzte Möglichkeiten, diese zu behandeln. Die FEI stellt sehr hohe Anforderungen an uns, wir müssen sicherstellen, dass wir die Leistungsfähigkeit während des Wettkampfs nicht beeinträchtigen.

Warum haben Sie sich für den Beruf des Pferdetierarztes entschieden? Hat Sie jemand dazu inspiriert?

Ich habe als Teilnehmer bei den Junioren in Spruce Meadows angefangen, als die Veranstaltung ins Leben gerufen wurde, und das war einer der Hauptgründe, warum ich Tierarzt geworden bin. Mitverfolgen zu können, wie sich die Anlage und die Qualität der Pferde weiterentwickelten, hat mir wirklich bei der Ausrichtung meiner beruflichen Laufbahn geholfen. Ich wollte mich um die Qualität der Pferde kümmern, die langsam in wachsender Zahl nach Spruce Meadows kamen, und zusehen, wie sich die Anlage von einem „Viehfutterlager“, wie Ron [Southern] sie zu nennen pflegte, zu ihrem heutigen Weltklassestatus entwickelte. Diese Entwicklung war ein wichtiger Teil meiner Karriere.  Was die Mentoren angeht, so hatte ich einige großartige Lehrer, darunter einige wunderbare Reiter und Gründungstrainer hier in Spruce Meadows. Ich konnte auch mit einigen örtlichen Tierärzten zusammenarbeiten, die sich anfangs um die Pferde in Spruce Meadows gekümmert und mich sehr inspiriert haben. Außerdem habe ich während meines Studiums in Colorado und Fort Collins viele wunderbare Mentoren und Kommilitonen kennengelernt.

Auf welche berufliche(n) Leistung(en) sind Sie besonders stolz?

Ich würde sagen, dass meine beiden Facharztabschlüsse in Chirurgie und Sportmedizin die akademischen Höhepunkte meiner Karriere sind. Mir hat die Vorbereitung auf beide Prüfungen Spaß gemacht. Das moderne Sportpferd ist so hochgezüchtet und wird wie ein fein getunter Ferrari behandelt. Es war toll, an der sehr anspruchsvollen Spitze des Sports mit ihnen arbeiten zu können, das verdanke ich diesen beiden Spezialisierungen.

Was macht Ihnen an der Arbeit als Pferdetierarzt am meisten Spaß?

Andere sagen vielleicht, dass es ihnen am besten gefällt, wenn sie sehen können, wie die Pferde  auf höchstem Niveau gegeneinander antreten, aber mir macht es am meisten Spaß, die Beziehung zwischen meinen Kunden und ihren Pferden zu pflegen. Am meisten Freude bereitet es mir, Krankheiten, Lahmheiten usw. zu beheben und es dem Kunden zu ermöglichen, seine Beziehung zu seinem Pferd wieder aufnehmen zu können.

Welchen Rat würden Sie jemandem geben, der Pferdetierarzt werden möchte?

Mentoring. Ich denke, das Wichtigste ist, Zeit mit etablierten Ärzten zu verbringen, um ein Verständnis für die Branche zu entwickeln. Natürlich ist die Liebe zum Pferd die Grundlage für den Beruf des Pferdetierarztes, aber ich denke, man muss Zeit mit Menschen verbringen, die diesen Beruf mit Leidenschaft ausüben, um ihn wirklich zu verstehen. Es ist außerdem sehr wichtig, ein Verständnis dafür zu entwickeln, welche Anforderungen dieser Job mit sich bringt. Pferde sind Gefährten, und wenn es im Parcours oder auf dem Viereck zu katastrophalen Verletzungen kommt, ist das eine enorme emotionale Belastung, die man nur schwer nachvollziehen kann, wenn man es nicht selbst erlebt hat. Schließlich handelt es sich nicht um Autos, die man in die Werkstatt bringen kann, sondern um wertvolle Tiere, die in unserer Obhut sind und die einen großen Einfluss auf das Leben ihrer Besitzer haben – und ich denke, das lässt sich nur durch gutes Mentoring wirklich verstehen.

Wie sieht ein typischer Tag für Sie aus?

Zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn sah mein Zeitplan ganz anders aus: viele regelmäßige Patientenbesuche und Operationen sowie Turniere. Jetzt ist alles etwas strukturierter und konzentriert sich hauptsächlich auf die Betreuung und Leitung der Praxis. Ich bin ein Frühaufsteher, normalerweise fange ich um 4:30 Uhr an und ich erledige die meisten meiner administrativen Aufgaben früh am Tag, ebenso wie meinen Sport. Wenn ich um 7:30 oder 8:00 Uhr aus der Tür gehe, bin ich normalerweise mit meinem Training und der Verwaltungsarbeit schon fertig. Als Inhaber meiner Praxis ist es meine erste Aufgabe, mich mit den Teams in Verbindung zu setzen, auf Patientenvisite zu gehen und zu sehen, wie der Tag so anfängt. Im Moment haben wir für die Sommersaison alle Hände voll zu tun: Koordination der Teams, Behandlungen, unsere Aufgaben im Parcours und die Arbeit mit den Veterinärdelegierten der jeweiligen Turniere. Jedes Jahr, wenn die Hochsaison anfängt, müssen wir auf Autopilot gehen, weil die Tage für alle so voll sind. Ich muss also in der Lage sein, alles unter einen Hut zu bringen und der Arbeit immer meine ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken.

Was machen Sie abseits der Arbeit gerne?

Mein Rücken macht mir gerade ein bisschen zu schaffen, aber ich spiele immer noch Golf, Tennis, Hockey, Badminton und fahre im Winter Ski. Ich mag es, ein breites Spektrum an Freizeitaktivitäten zu haben, weil ich glaube, dass das wichtig für meine Fitness und Gesundheit ist. Ein vierstündiges Golfspiel zum Beispiel ist eine echte mentale Pause – falls ich mein Handy ausschalten kann! Wenn ich während eines Turniers Zeit finde, ein paar Löcher zu spielen, fühlt es sich an, als hätte ich ein ganzes Wochenende frei gehabt, und es gibt mir die Möglichkeit, ein wenig abzuschalten. Diese Abwechslung ist für mich sehr wichtig, und ich habe das Glück, einem breiten Spektrum an Aktivitäten nachgehen zu können.

Erzählen Sie uns ein wenig über Ihr Team …

Das ‘Masters’ hat sich etwas verkleinert, was die Anzahl der Pferde angeht, sich hinsichtlich der Qualität aber gesteigert – wir haben also jedes Jahr sowohl festangestellte als auch Zeitarbeiter im Einsatz. Jedes Jahr benötigen wir mindestens drei Hilfskräfte und drei Tierärzte, die den Parcours betreuen, sowie ein weiteres Team, das die Praxis führt. Normalerweise haben wir während der ‘Masters’ nur wenige medizinische Fälle, aber die, die passieren, sind von größerer Bedeutung. Daher ist es wichtig, eine Auswahl an qualifizierten Personen zu haben, die schwierige Entscheidungen treffen können.

Welches Vermächtnis möchten Sie im Reitsport hinterlassen, wenn Sie in den Ruhestand gehen?

Ich glaube, mein Vermächtnis stimmt wahrscheinlich mit dem von Spruce Meadows überein, da die Gründung von Spruce Meadows darauf abgezielt hat, Training anzubieten und unsere Veranstaltung auf internationalen Standard zu bringen. Wenn man sich den Erfolg bei den Olympischen Spielen in Peking ansieht, ist es klar, dass wir das ursprüngliche Ziel erreicht haben, und es ist ein besonderes Gefühl, Teil dieser Entwicklung gewesen zu sein. Ron Southern würde sagen: „Es ist ein sehr ungewöhnlicher Sport in einem ungewöhnlichen Teil der Welt", und es ist ein sehr befriedigendes Gefühl, eine kleine Rolle beim Erfolg von Spruce Meadows gespielt zu haben.

Das Wohl des Pferdes untermauert das, wofür der Rolex Grand Slam of Show Jumping steht. Wie stellen Sie sicher, dass dies aufrechterhalten wird und die veterinärmedizinischen Standards ständig verbessert werden?

Grundsätzlich müssen wir uns immer wieder vor Augen führen, dass es sich um wertvolle Tiere handelt, die in unserer Obhut sind. Wir können sie zwar bis zu einem gewissen Grad fordern, aber wir dürfen nicht aus den Augen verlieren, dass sie keine Maschinen sind. Wir können sie nicht fragen: „Wie geht es dir heute? Hättest du gerne einen Tag frei?", also müssen wir einfühlsam sein. Keinem Athleten kann zugemutet werden, das ganze Jahr über zu arbeiten. Deshalb ist es wichtig, dass wir nicht einfach immer mehr Turniere organisieren und die Pferde ununterbrochen antreten lassen. Sie brauchen eine Pause. Wir haben die Fürsorgepflicht für diese Pferde, das dürfen wir nicht vergessen.

Was kann und sollte Ihrer Meinung nach noch getan werden, um das Wohl der Pferde zu verbessern?

Wie in meiner letzten Antwort erwähnt, müssen wir einfach darauf achten, welche Anforderungen wir an sie stellen und sicherstellen, dass sie nicht als Wegwerfware behandelt werden. Ein Pferd kann nur begrenzt viele Sprünge und Druck aushalten, aber das lässt sich nicht gesetzlich vorschreiben. Solange wir gute Leute haben, die die Pferde verstehen, und Besitzer, die respektieren, was die Trainer sagen, sollte das Wohl der Tiere in guten Händen liegen. Der Schlüssel ist eine gute Kommunikation auf allen Ebenen, wobei sich Reiter, Trainer und Pferdepfleger nicht scheuen sollten, ihre Bedenken zu äußern.