Interview mit Rolex Grand Slam-Sieger Scott Brash
Er ist eine lebenden Legende: Als erster Reiter überhaupt konnte Scott Brash die Großen Preise von Genf, Aachen und Spruce Meadows direkt hintereinander und damit den Rolex Grand Slam of Show Jumpinggewinnen. Zum CHI Genf 2015 vom 10. bis 13. Dezember kehrt der Brite wieder dahin zurück, wo er im vergangenen Jahr seinen ersten Major-Sieg feiern konnte. Was er seit seinem Grand Slam-Triumph im September erlebt hat, wie seine Pläne für den diesjährigen CHI Genf aussehen und warum sich seine Angestellten nach Weihnachten immer bei ihm beschweren, erzählt der 30-Jährige im Interview.
Ihr Sieg im Rolex Grand Slam ist nun drei Monate her. Wie ist es Ihnen seitdem ergangen?
Es war sehr viel los, mein Kalender in diesem Jahr war ziemlich voll. Nach dem Grand Slam-Sieg war ich erst einmal wie in einem Rausch, aber trotzdem habe ich versucht, möglichst schnell wieder in meine Arbeitsroutine zurückzufinden und die übrigen Veranstaltungen der Saison im Fokus zu behalten. Jetzt freuen sich mein Team und ich schon auf 2016.
Wenn Sie sich an den 13. September, den Tag Ihres Grand Slam-Siegs, zurückerinnern – welcher Augenblick kommt Ihnen dabei als erstes in den Sinn?
Der Moment, als es in Erfüllung ging, als ich wusste, dass ich es geschafft habe. Für mich war der Grand Slam-Sieg ein Ziel, von dem ich immer geträumt habe. Da hat sich mit der Zeit auch viel Druck aufgebaut. Als ich dieses Ziel dann wirklich erreicht habe, sind ganz viele Gefühle gleichzeitig auf mich eingebrochen. Diesen Augenblick werde ich niemals vergessen.
In der Pressekonferenz nach dem Spruce Meadows ‚Masters‘ haben Sie gesagt, Sie müssten das alles erst einmal sacken lassen, könnten noch gar nicht richtig glauben, dass Sie wirklich gewonnen haben. Wann war der Moment, in dem Sie den Grand Slam-Sieg wirklich realisiert haben?
Es gibt immer noch Momente, in denen ich gar nicht glauben kann, was passiert ist. Aber ich nehme an, dass alles erst richtig in mein Bewusstsein vorgedrungen ist, als ich langsam wieder in meinem Alltag fußgefasst habe und mich die Leute immer wieder auf den Grand Slam-Sieg angesprochen und mir gratuliert haben. Es ist ein großartiges Gefühl, das man auch immer im Hinterkopf hat, aber in unserem Geschäft muss man stets nach vorne blicken und nicht zurück.
Und genau das machen wir jetzt und schauen auf den CHI Genf am nächsten Wochenende. Was macht das Turnier für Sie aus?
Das Palexpo ist eine fantastische Arena, es macht Reitern und Pferden gleichermaßenSpaß, dort zu starten. Während des „Rolex Grand Prix“ herrscht im Parcours eine ganz besondere Atmosphäre. Genf ist wirklich eines meiner Lieblingsturniere und ich freue mich sehr, in diesem Jahr wieder dabei zu sein.
Was haben Sie sich für diesmal vorgenommen? Werden Sie wieder Ihr Toppferd „Hello Sanctos“ reiten, mit dem Sie im vergangenen Jahr siegreich waren?
Ja, „Sanctos“wird wieder mitkommen und ich bin mir sicher, dass er das Turnier auch in diesem Jahr genauso lieben wird wie immer. Was meine Ziele angeht, so werde ich wie gewöhnlich versuchen, von Prüfung zu Prüfung zu denken und mich immer auf die als nächstes anstehende Aufgabe zu konzentrieren. Aber ganz bestimmt werde ich versuchen, im „Rolex IJRC Top 10 Final“ und im „Rolex Grand Prix“ noch einmal ganz oben zu stehen. Das wird in beiden Fällen extrem schwer werden, aber ich habe noch lange nicht genug davon, in Genf zu gewinnen!
Und wie sieht es mit „Sanctos“ aus? Ist er auch in Topform für weitere Erfolge in Genf?
Nach dem Grand Slam-Sieg hatte er eine wohlverdiente Pause, aber inzwischen ist er wieder zurück im Turniergeschehen. Bei seinem letzten Einsatz vor Genf Mitte November in Doha sprang er gut, wir beide haben uns aber ein paar dumme Fehler geleistet. Ich bin nach wie vor völlig von „Sanctos“ überzeugt, er ist ein unglaubliches Pferd und er liebt das Gewinnen genauso sehr wie ich.
Aber natürlich gewinnen auch die anderen gerne und hier in Genf werden die besten Reiter und Pferde der Welt an den Start gehen. Wer sind Ihrer Meinung nach die Favoriten um den Sieg im „Rolex Grand Prix“?
Rolf-Göran Bengtsson und „Casall“ sowie Kent Farrington und „Voyeur“ sind momentan in großartiger Form, falls diese beiden Paare in Genf starten, zählen sie sicherlich zu den Favoriten. Aber um ehrlich zu sein, gibt es zurzeit so viele tolle Paare. Ich glaube, dass jeder, der sich für den Grand Prix qualifizieren kann, auch fähig ist, ihn zu gewinnen. Das ist es ja gerade, was unseren Sport so einzigartig macht.
Wie wird es nach Genf sportlich für Sie weitergehen?
Dann heißt es erstmal „alle Augen auf London“, denn dort findet übernächste Woche die „Olympia Horse Show“ statt, also ist das mein unmittelbarer Fokus nach Genf. Aber mein Terminkalender für 2016 ist auch schon voll. Für das neue Jahr haben wir für jedes unserer Pferde Pläne gemacht, die wir verfolgen werden.
Ist denn in Ihrem Kalender in diesem Jahr noch Platz für einen kleinen Weihnachtsurlaub?
In unserem Geschäft bleibt nicht viel Zeit für Urlaub, deshalb genieße ich es umso mehr, Weihnachten zuhause zu verbringen. Meine Mitarbeiter schicke ich dann auch nach Hause und kümmere mich selbst um die Pferde, was mir wirklich Spaß macht – obwohl sich die Mädchen immer beschweren, dass sie ein bisschen länger zum Ausmisten brauchen, nachdem ich sie vertreten habe … Es ist eben schwer für mich, den hohen Standard meines Teams aufrechtzuerhalten, aber dadurch weiß ich es nur noch mehr zu schätzen, wenn sie wieder da sind!